Vorreiter in optischen Technologien (Teil 3)

Innovation hat bei ZEISS 175-jährige Tradition

Anlässlich des 175-jährigen Firmenjubiläums bietet ZEISS in den Bereichen Jagd und Naturbeobachtung mit einer historischen Artikelserie zur Unternehmensgeschichte sowie deren Einfluss auf die Entwicklung der Innovationen und heutiger Technologien einen spannenden Rück- und Ausblick auf das Unternehmen und seine Historie.

ZEISS bringt mit seinen bahnbrechenden Entwicklungen schon immer die Optikwelt voran. Zu den Meilensteinen gehören unter anderem das heute noch eingesetzte Abbe-König-Prisma, die T*-Antireflexbeschichtung und Transmissionswerte von 95 Prozent – die zum ersten Mal von der Victory HT-Serie erreicht wurden. ZEISS ist seit 1904 ein Pionier auf dem Gebiet der Zielfernrohre für die Jagd – und hält heute den Rekord des feinsten Leuchtpunkt der Welt.

ZEISS versteht seit jeher, wie man wissenschaftliche Forschung und unternehmerisches Denken gekonnt miteinander verbindet. Für die Entwicklung des Unternehmens war es von besonderer Bedeutung, dass es dem Chemiker und Glasfachmann Otto Schott gelang, Glas mit neuartigen optischen Eigenschaften herzustellen. 1879 schickte er eine Probe davon an Abbe – und begründet damit eine fruchtbare Zusammenarbeit, die sich binnen kürzester Zeit intensivierte. In dem 1884 gemeinsam gegründeten Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen (ab 1920 Jenaer Glaswerk Schott & Gen., die heutige Schott AG) entwickelte Schott über hundert neue Glassorten, darunter als wichtigste im Jahr 1886 die erste „apochromatische“ Linse. SCHOTT-Gläser sind noch heute das Maß der Dinge in den Jagdoptiken von ZEISS. Die in der Victory HT-Serie verbauten HT-Gläser ermöglichen eine Steigerung der Lichtdurchlässigkeit auf Transmissionswerte von 95 Prozent. Eine hohe Lichtdurchlässigkeit ist insbesondere in der Dämmerung hilfreich und ermöglicht auch in Schattenpartien wichtige Details zu erkennen.

Abbe führte 1873 erstmals eine weitere wichtige Größe ein, die heute nicht mehr wegzudenken ist – die Abbe-Zahl! Bis zu diesem Zeitpunkt wurden optische Gläser immer nur durch die Angabe des „spezifischen Gewichtes“ unterschieden! Die Abbe-Zahl – auch Abbesche Zahl – gibt an, wie die Streuung des Lichtes (der verschiedenen Wellenlängen) in Abhängigkeit zu den jeweiligen Brechungsindizes steht. Zugleich bestimmt die Größe auch die Dispersion mit, damit ist die Farbzerstreuung gemeint. Vergleichbar ist dieser Effekt mit einem Prisma, bei dem ebenfalls Licht gebrochen und in seine Bestandteile zerlegt wird. Die Abbe-Zahl ist für den Entwurf von Achromaten von Bedeutung. Dies sind Linsensysteme, bei denen die chromatische Aberration (Farblängsfehler) besonders klein ist. Wegweisend war ZEISS auch beim Prismenfernglas, welches eine Bildumkehr ohne Lichtverluste erlaubt, da die Flächen nicht verspiegelt werden müssen. Das Ergebnis ist ein gleichmäßig helles, hochauflösendes Bild, dessen Vorteile vor allem bei der Dämmerungs- und Nachtjagd deutlich werden. Die Geschichte der Dachkantprismen geht auf den Italiener Giovanni Battista Amici (um 1843) zurück. Wie der Name „Dachkant“ vermuten lässt, verläuft der Strahlengang durch die Prismen in einer Form, die an ein Hausdach erinnert. Vor der Jahrhundertwende modifizierte der Physiker Ernst Abbe das Amici-Prisma zu einem geradsichtigen Dachkantprisma. Um 1900 vollendete Albert König die Entwicklung, indem er die beiden Prismen durch einen Luftspalt trennte – ein Meilenstein in der Geschichte der Optikentwicklung. Dieses verbesserte geradsichtige Prismensystem ist als Abbe-König-Prisma bekannt und war vom 7. Juli 1901 an für ZEISS geschützt. Ab 1911 wurden im ZEISS-Werk in Jena erstmals geradsichtige Ferngläser mit Dachkantprismen nach Abbe-König hergestellt. Alle ZEISS-Ferngläser für den Dämmerungseinsatz besitzen Abbe-König-Systeme – die einzigen Dachkants, die ohne Verspiegelung auskommen.

Links: Strahlengang in einem Fernglas mit Porro-Prismensystem.
Rechts: Strahlengang in einem Fernglas mit Dachkant-Prismensystem.

Ein weiterer wesentlicher Faktor, der Jagdoptiken von ZEISS zu den lichtstärksten auf dem  Markt macht, ist die sogenannte „T*-Vergütung“. Dabei handelt es sich um ein innovatives Mehrschichtverfahren mit einem typischerweise sechsschichtigen Aufbau, der individuell auf die einzelnen Linsen und Glasmaterialien abgestimmt wird. Vor 86 Jahren von dem ukrainische Physiker Alexander Smakula (1900 – 1983) – seinerzeit Leiter des Kristall-Labors bei ZEISS – erfunden und permanent weiterentwickelt, garantiert sie einzigartige Bildqualität und zeichnet ZEISS-Produkte bis heute aus.

In der Fertigung in Wetzlar werden die Linsen zum Bedampfen auf einen Tragkörper gesetzt um zur Vermeidung von Reflexionen und Störlicht die ZEISS T* Mehrschichtvergütung auf die fertigen Linsen aufzutragen. © ZEISS Archiv

Auf den äußeren Objektiv- und Okularlinsen vieler ZEISS Modelle wird heute auf die T*-Vergütung eine weitere Schutzschicht aufgedampft, die eine extrem glatte Oberfläche erzeugt: die LotuTec®-Beschichtung. Sie sorgt dafür, dass Wasser ohne Rückstände abperlt und Schmutz und Fingerabdrücke nicht anhaften. Namensgeber und Vorlage sind die Blätter der Lotus-Pflanze mit ihrer wasserabstoßenden (hydrophoben) Wirkung. Die LotuTec®-Beschichtung wurde ursprünglich für Anwendung auf Brillengläsern entwickelt – durch spezielle Anpassungen konnte diese aufwendige Beschichtungstechnologie jedoch auch auf hochwertige optische Gläser der ZEISS Jagdoptiken übertragen werden.

Mit dem 20×60 S führte ZEISS 1990 als erster Hersteller weltweit eine Beobachtungsoptik mit mechanischer Bildstabilisierung ein, die selbst bei 20-facher Vergrößerung ein freihändiges, verwacklungsfreies Beobachten ermöglicht. Ein Fernglas der Superlative, das für weiteste Distanzen entwickelt wurde und sogar auf der internationalen Raumstation ISS zum Einsatz kommt. Diese und viele weitere technologischen Meilensteine verdeutlichen die Innovationskraft von ZEISS, die bis heute ungebrochen ist.

Im nächsten Teil unserer Serie beleuchten wir ausführlich die Technologien für die Jagd und zeigen auf, welche entscheidenden Vorteile diese insbesondere für den Einsatz bei schwierigen Lichtverhältnissen mit sich bringen.

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Eine Antwort zu “Vorreiter in optischen Technologien (Teil 3)”

  1. […] Die hellsten Zielfernrohre und Ferngläser von ZEISS – ZEISS Victory HT – sorgen mit dem SCHOTT HT Glas für eine sichtbare Steigerung der Lichtdurchlässigkeit und damit maximale Nachttauglichkeit. Der Grundstein dafür wurde unter anderem durch den Chemiker und Glasfachmann Otto Schott gelegt, dem es gelang, Glas mit neuartigen optischen Eigenschaften herzustellen (siehe bereits im 3. Teil der Artikelserie). […]