Von der Werkstätte zum Weltkonzern (Teil 1)

Unternehmensgeschichte von ZEISS

Anlässlich des 175-jährigen Firmenjubiläums bietet ZEISS in den Bereichen Jagd und Naturbeobachtung mit einer historischen Artikelserie zur Unternehmensgeschichte sowie deren Einfluss auf die Entwicklung der Innovationen und heutiger Technologien einen spannenden Rück- und Ausblick auf das Unternehmen und seine Historie.

1846 von Universitätsmechanikus Carl Zeiss als kleine Optikschmiede in Jena gegründet, gehört ZEISS heute zu den wichtigsten optischen und feinmechanischen Unternehmen in der Welt. Die Unternehmensgeschichte spiegelt die deutsche Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen wider – und ist ein Paradebeispiel und Vorreiter für ein erfolgreiches Start-up.

Mit einem Startkapital von 100 geliehenen Talern eröffnete Carl Zeiss am 17. November 1846 eine Werkstätte nebst kleinem Laden für Feinmechanik und Optik in der Jenaer Neugasse Nr. 7. Zunächst konstruierte, reparierte und optimierte der Mechaniker im Alleingang wissenschaftliche Geräte und Instrumente. Darüber hinaus bot er unter anderem Brillen, chemische Waagen, Reißzeuge und Fernrohre an. Bereits ein Jahr später begann er mit der Fertigung einfacher Mikroskope. In dem Physiker Ernst Abbe fand Carl Zeiss 20 Jahre später schließlich den Mann, der die Bildentstehung im Mikroskop auf eine mathematisch-wissenschaftliche Grundlage stellte und damit revolutionierte. Als vorausschauender Unternehmer erkannte Zeiss das innovative Potenzial Abbes und machte ihn zum stillen Teilhaber.


Mit einem Startkapital von 100 geliehenen Talern eröffnete Carl Zeiss am 17. November 1846 seine Werkstätte in der Jenaer Neugasse Nr. 7. Federzeichnung ©ZEISS Archiv

Die auf Abbes Entwürfen und Theorie basierenden Mikroskope fanden reißenden Absatz. Ende der 80er Jahre verlor das Unternehmen von Zeiss endgültig den Charakter einer Werkstätte. Die ZEISS-Belegschaft zählte zu diesem Zeitpunkt 360 Arbeiter und Betriebsbeamte. 1884, Zeiss ging inzwischen auf die 70 zu, gründete Abbe mit dem Glaschemiker Otto Schott das „Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen“, heute besser bekannt als SCHOTT AG. Die Zusammenarbeit von Zeiss, Abbe und Schott ermöglichte die Serienfertigung leistungsstarker Mikroskope in gleichbleibender Qualität. 1886 stellte ZEISS das 10.000ste Mikroskop her. Kurz danach (1888) starb Carl Zeiss – das moderne Zeitalter der bahnbrechenden Entdeckungen in der Mikroskopie war jedoch längst angebrochen – und Jena war sein geistiges und technologisches Zentrum. Die Universitätsstadt im thüringischen Saaletal gilt als Wiege der optischen Industrie. 1889 schuf Abbe die Carl-Zeiss-Stiftung, um das gemeinsam mit seinem Partner geschaffene Werk langfristig zu sichern. Sie ist heute nicht nur eine der größten deutschen Stiftungen zur Förderung der Wissenschaft, sondern auch eine der ältesten und bekanntesten unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland.

Zu den Pionieren gehörte ZEISS auch in puncto Arbeitszeit: Bereits 1875 gründeten Zeiss und Abbe die ZEISS Krankenkasse. Ein Novum, denn sie garantierte freie ärztliche Behandlung. 1900 führte ZEISS als erstes größeres Unternehmen in Deutschland den Acht-Stunden-Tag ein. Unter der Mitarbeit kreativer Wissenschaftler und Ingenieure erweiterte Abbe die Produktionspalette des Unternehmens zusehends unter anderem um Entfernungsmesser und Geräte der Bildmesstechnik, fotografische Objektive, Relieffernrohre, Periskope und Feldstecher. Am 9. Juli 1893 meldete ZEISS das Patent für ein „Doppelfernrohr mit vergrößertem Objektivabstand“ an, in dem je zwei Teilprismen das Licht in zwei monokulare Teleskope leiten. Damit schuf das Unternehmen die Basis für jenes klassische Fernglas-Design, wie wir es heute kennen. Die ersten marktreifen Modelle wurden bereits ab 1894 in Jena gefertigt. Bis zum Januar 1900 konnten 20.000 Feldstecher verkauft werden. Nach der Jahrhundertwende weckte die in den 90er Jahren gegründete Abteilung „Astro“ mit ihren Aussichtsfernrohren das öffentliche Interesse. Das ZEISS-Werk machte sich mit den ersten Großgeräten, dem Spiegelteleskop für die Sternwarte Heidelberg und dem damals lichtstärksten Instrument für die Sternwarte Innsbruck in der Fachwelt der Astronomie einen Namen. 1908 wurde das Fertigungsprogramm des Jenaer Unternehmens um geodätische Geräte erweitert. Etwa zeitgleich wurde mit der Entwicklung und Herstellung von Brillen und von Messgeräten für die Augenheilkunde begonnen. Im Juni 1914 beschäftigte das ZEISS-Werk 5.280 Menschen.

Mit der Patentanmeldung 77068 „Doppelfernrohr mit vergrößertem Objektivstand“ entstand die Basis jenes Fernglas Design, wie wir es heute kennen. ©ZEISS Archiv

Auch mit dem Ersten Weltkrieg brach das hohe Tempo technischer Meilensteine bei ZEISS nicht ab. Im zweiten Teil beleuchten wir die ZEISS-Chronik des 20. Jahrhunderts, die die deutsche Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen widerspiegelt und die wegweisenden Entwicklungen der Optik aufzeigt.

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