Interview mit Dominik Eulberg

Mannigfaltig – so nennt sich nicht nur eines seiner Alben- diese Eigenschaft trifft auch auf Dominik Eulberg selbst zu. Er deckt eine Vielzahl an Aktivitäten ab: sei es als Produzent und DJ, als Autor, als Naturspieleentwickler, als Naturdoku-Vertoner für Jan Haft oder als Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde in Berlin. Aber eines eint all diese „mannigfaltigen“ Funktionen: die Natur ist das Bindeglied zwischen allen.

In seinen Techno Beats bildet der Künstler die Klänge der Natur ab. Er nennt diese „Synthibirds“, was nichts anderes heißt, als dass Vogelgezwitscher und elektronische Klänge gemischt werden. Als Vogelbotschafter des Jahres 2023 für den NABU hat er dem Braunkehlchen auch gleich einen Track gewidmet, der auch in seinem aktuellen Album „Avichrom“ enthalten ist:

Die Wortneuschöpfung „Avichrom“ bedeutet dabei nichts anderes als „Vogelfarben“ mit Verweis auf die überbordende Farbenvielfalt in der Vogelwelt. Jeder der Tracks auf dem Album ist nach dem Namen einer heimischen Vogelart benannt, die eine Farbe in ihrem deutschen Artnamen trägt.

Meine Familie und ich haben Dominik in seiner Heimat im Westerwald besucht und wir haben uns über verschiedene Projekte ausgetauscht. Mit dabei war auch seine Frau Natalia.

Dass Vögel und Insekten hier eine entscheidende Rolle spielen, ist im Hause Eulberg auf den ersten Blick erkennbar. Besonders sticht mir das Rotkehlchen ins Auge, welches der Künstler Matthias Garff für das gemeinsame Projekt „Tönende Tiere“ aus aussortierten Alltagsgegenständen wie einer leeren Kokosnuss, einem Arbeitshandschuh, einer Lötzange, Murmeln und einer alten Schuhleiste etwa nachgebaut hat.

Zu diesem Projekt werde ich gleich mehr erfahren. Zuvor aber stellt Natalia mir die frisch geschlüpften Erdbeerbaumfalter vor, den größten europäischen Tagfalter, der sich am hiesigen Erdbeerbaum im Wohnzimmer der Eulbergs verpuppt hatte und vor wenigen Tagen frisch geschlüpft ist. Spricht Natalia über Raupen, Schmetterlinge und ihre Zucht, wirkt ihr Enthusiasmus geradezu ansteckend. Die Liebe zu den Faltern war bei ihr schon immer da und diese manifestierte sich durch den Kontakt zu Dominik, der wie sie sagt schon so eine Art „wandelndes Lexikon“ sei und auch in seiner Kindheit sehr viel über Falter studiert hat.

„Nachtfalter gab es schon lange vor den Tagfaltern. Tagfalter sind evolutionsbiologisch aus den Nachtfaltern hervorgegangen. In unseren Gefilden kann man an die 3.700 Falterarten antreffen. Etwas mehr als 180 davon gehören nur zu den Tagfaltern. Von den Nachtfaltern kann man sie am besten anhand der knopfförmig verdickten Fühlerenden unterscheiden, die genau so aussehen, wie Kinder Schmetterlingsfühler malen: ein Strich mit einem Bommel am Ende. Gerade züchte ich verschiedene Arten, die mich faszinieren. Wir lassen sie bei uns im Haus fliegen. Sie sollen sich paaren, und ihre Eier verschenken wir an andere Leute, die sie auch mal züchten wollen. Gerade für Kinder ist das Aufziehen von so großen aufregenden Schmetterlingen ein unvergessliches Erlebnis, dass sie mal gemacht haben sollten, wie ich finde. Eine Chance das Wunder des Lebens mehr erahnen zu können und vielleicht auch eine Initialerfahrung um später selber im Naturschutz aktiv zu werden.“, schwärmt Natalia.

Derweil sitzt Dominik vor seinem Mikroskop und zeigt uns die Details einer Eisvogelfeder. Auch mein kleiner Sohn ist völlig fasziniert: Ins Schwarze getroffen, würde ich sagen! Denn das Thema Natursensibilisierung ist für Dominik Eulberg eine Lebensmission.

Auf seinen Touren bietet er regelmäßig Naturführungen an: So kann man zuerst die Klänge der Natur live erleben und im Anschluss daran zu deren Beats tanzen. Inzwischen veranstaltet er auch Biodiversitäts-Shows, eine multimediale Melange bei der er halb als Musiker und halb als Wissenschafts-Kommunikator auftritt. Somit erschließt er ganz neue Sensibilisierungsgründe für die Botschaften des Naturschutzes.

Ich frage ihn: „Du hast in einem vorherigen Interview schon mal gesagt, die Natur vor Deiner Haustür ist Deine Heimat und inspiriert Dich. Ich persönlich halte die Westerwälder Seenplatte ja auch für einen Geheimtipp für Vogelbeobachter in Deutschland. Welche besonderen Arten kann man an der Westerwälder Seenplatte finden?“

Dominik: Hier kann man alle vier heimischen Lappentaucherarten finden: den Haubentaucher, Zwergtaucher, sowie Rothals- und Schwarzhalstaucher, die sogar alle vier an der Seenplatte brüten. Das ist natürlich ein echter ornithologischer Kracher hier für Westdeutschland. Allerdings konnten sie in den letzten Jahren nicht viele Jungvögel erfolgreich groß ziehen. Was die Ursache ist erforschen wir gerade noch. Unter Verdacht stehen auch Neozoen, wie der Waschbär etwa die mittlerweile hier nachweislich eingewandert sind.“

Dominik betreibt zusammen mit örtlichen Verbänden regelmäßiges Vogelmonitoring an der Westerwälder Seenplatte. Sein ständiger Begleiter ist hier das optische Equipment von ZEISS. Und das begleitet uns dann natürlich auch bei einer kleinen Tour um den Dreifelder Weiher.

Ich frage ihn, was er an ZEISS mag:

ZEISS ist für mich ein Traditionsunternehmen, das es schon sehr lange gibt. Ich verbinde sehr viel mit ZEISS: die ganzen Sternwarten, Carl Zeiss Jena, den Standort in Wetzlar allein auch schon der geographischen Nähe wegen. Mir gefällt die Vielfalt an Produkten, ob das jetzt Mikroskope, Ferngläser oder Spektive sind. Ich finde gut, dass ZEISS einen hohen Innovationsgeist hat und immer weiter forscht, also nicht stehen bleibt.

Ich arbeite nun ja schon eine ganze Weile mit euch und mir gefällt der persönliche, direkte und authentische Umgang und die konstruktive Zusammenarbeit. Die Ferngläser liegen sehr gut in der Hand und sind sehr leicht, außerdem sagt mir die Schwerpunktverlagerung beim SF 42 sehr zu.“

Auch unser ZEISS Wärmbebildgerät DTI 3 kommt bei Dominik regelmäßig zum Einsatz. Als Fledermausbotschafter nutzt er es für seine Fledermausexkursionen, für Eulennachweise in Steinbrüchen. Er trackt damit den Vogelzug bei Nacht, denn die meisten Singvögel ziehen nachts. „Mit Hilfe des DTI kann ich die Besetzung von Nistkästen prüfen und damit auch feststellen, wo die Vögel nachts schlafen,“, so Eulberg. Denn in seinem großflächigen und äußerst diversen Garten im Westerwald, mit riesigen Benjeshecken, Biotopen und Schwalbenhotel brüten im Sommer dutzende Arten. Darüber hinaus unterstützt es ihn beim Nachweis von Wiesenbrütern wie Lerchen oder Kiebitzen für den DDA. Und das Highlight in diesem Kontext war diese Aufnahme eines Wachtelkönigs, mit der er bundesweit in Expertenkreisen für Aufsehen sorgte, da er ohne das Wärmebildgerät nicht eindeutig lokalisiert werden konnte.

Und wie findest Du unser neues, kompaktes Fernglas, das SFL 30?

Ich finde, mit diesem Produkt habt ihr wirklich eine Nische getroffen. Es ist so klein und leicht, dass man es gerne, ohne große Qualen, mitnehmen möchte, hat aber trotzdem eine brillante Bildqualität und eignet sich so einfach fantastisch für unterwegs.“

Wir sprechen natürlich auch über sein Buch „Mikroorgasmen überall“, welches mit dem Titel „Wissenschaftsbuch“ des Jahres ausgezeichnet wurde. Ich persönlich finde, dieses ist so voller Leichtigkeit geschrieben, dass das Lesen wahre Freude bereitet. Und es steckt so viel Wissen drin über die interessanten Details und Schätze, die die Natur zu bieten hat. Natürlich steckt auch hier Aufklärungsarbeit dahinter: „Wir schützen nur, was wir schätzen“, sagt Dominik. Er sieht sich als „Dolmetscher“ im Vermitteln von Erkenntnissen aus der Wissenschaft.

© BENNY TRAPP (stock.adobe.com)

Mir war es wichtig, mit dem Buch zu zeigen, dass es wahre Wunder vor der Haustür gibt und dass man dafür nicht erst an irgendwelche besonderen Plätze auf der Erde reisen muss. Ich denke hier besonders an den Feld-Sandlaufkäfer, welchen ich als Kind schon sehr faszinierend fand, weil er in einer Sekunde das hundertzwanzigfache an seiner Körperlänge zurücklegt, und mit den Fühlern sieht, da er beim Rennen mit den Augen gar nichts mehr verarbeiten kann. Im direkten Vergleich müsste ich dann so schnell rennen wie ein Flugzeug.

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Gerade bei Insekten finde ich das besonders interessant, weil die Leute sich in den meisten Fällen eher ekeln. Wobei das in meinen Augen immer eher Ausdruck einer im wahrsten Sinne des Wortes „verrückten“ Blickweise ist. Denn wenn man diese korrigiert und sie auf Augenhöhe betrachtet, dann sind es wirklich wunderschöne Wesen. Beim Feld-Sandlaufkäfer fand ich immer die großen Beißwerkzeuge interessant, mit denen er in einem Biss seine Beute in zwei Hälften teilen kann und somit Tatsachen schafft.

Ein wahres Wunder aus der Vogelwelt ist für mich immer der Mauersegler, der sein ganzes Leben in der Luft verbringt; er trinkt in der Luft, er frisst in der Luft und er verpaart sich in der Luft und schläft sogar im Flug. Außer zum Brüten kommt er gar nicht auf festen Boden. Das Leben eines Mauerseglers kann 20 Jahre dauern und dabei können sie bis zu vier Millionen Kilometer zurücklegen, was zehnmal der Entfernung von der Erde bis zum Mond entspricht. Das finde ich faszinierend und das war mir sehr wichtig, den Leuten nahe zu bringen, dass wir der Natur wieder mehr auf Augenhöhe begegnen und über das Staunen wieder mehr Respekt für die tierische Mitwelt zu erwirken.“

Bild: © AGAMI Photo Agency (stock.adobe.com)

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Was sind deine neuesten Projekte in diese Richtung?

Dominik: „Mein neues Buch „Tönende Tiere“, erscheint am 28. April im Eichborn Verlag. Es wird 50 spannendste Stimmen von Tierarten enthalten, die man hier wahrnehmen kann, wie z.B. von Vögeln, Amphibien, Säugetieren, Insekten und es gibt so gar eine Schmetterlingsart die man hier mit etwas Glück beobachten kann, die verrückte Sounds von sich gibt. Zu jedem Tier habe ich „Wunderfaktentexte“ geschrieben, also Fakten die zum Staunen anregen und neue Erkenntnisse mit sich bringen, etwas zum schwingen bringen, alles illustriert durch die eigens dazu hergestellten Tierskulpturen des Künstlers Matthias Garff und versehen mit einem QR Code, um sich die Tierstimmen anzuhören, die dann in Noten transkribiert, anfangen Musikinstrumente wie Synthesizer zu spielen.“

Rotkehlchen

Er sieht dabei die Tiere als die Musiker, die das Stück komponieren und sich selbst nur als Dolmetscher, der den Tieren ein Instrument gibt, um ihnen mehr Gehör zu verschaffen. Für Dominik als Musiker und Wissenschafts-Kommunikator in Personalunion ist dies natürlich ein sehr spannendes Thema, aber er sieht dies auch als eines der größten Dilemmas der heutigen Zeit:

Das Gehör ist ja eines der ersten Sinnesorgane, was im Mutterleib ausgebildet wird und ist das hoch auflösendste Sinnesorgan, was wir haben, welches wir aber in der heutigen Zeit auch sehr stiefmütterlich behandeln. Wir foltern unseren Hörsinn mit Billigkopfhörern und low quality MP3s und hören einfach nicht mehr zu, nicht nur uns selbst und unserem Umfeld, aber auch der Natur. Es gibt Studien, dass noch nicht mal 3% der Menschen den Buchfink, die häufigste Brutvogelart neben der Amsel, am Gesang erkennen. Und wie wollen wir etwas schützen, was einerseits unsere Überlebensversicherung ist, aber was wir gar nicht kennen. Und das ist mir ganz wichtig, hier eine Sensibilisierung voranzutreiben mit meinem Schaffen als Künstler und Wissenschaftler“, bekräftigt er.

Und was mich als Mutter besonders freut: Mit dem Kosmos Verlag arbeitet er aktuell an einem Produktreihe für Kinder, bei der als Erstes ein Insektenlernbuch für 2024 geplant ist.

„Natur ist einfach die größte Künstlerin von allen und eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für mein eigenes künstlerisches Schaffen. Schau Dir doch nur ihre überbordende Formen- und Farbenvielfalt an: wie fliegende Edelsteine,“ schwärmt Eulberg und präsentiert mir stolz seine Käfersammlung.

Nicht nur beim Hobby Schmetterlings-Raupen ergänzen sie sich: Seit 2018 begleitet Natalia all diese Projekte und sie arbeiten hier Hand in Hand. Natalia ist studierte Kommunikationsdesignerin. Und Natalia und Dominik ergänzen sich nicht nur privat, sondern auch beruflich. In ihrem aktuellen Projekt macht Natalia die Grafik, die Bildgestaltung und das Layout.

Jeder hat seine Projekte, aber wir legen beide Energien sozusagen dort zusammen, wo es Schnittstellen gibt. Im Fall des Projekts „Tönenden Tiere“ sind wir insgesamt ein super Team, das auch über Dominik und mich hinausgeht. Jeder ist gleichwertig und schaut, was er gut kann und bringt sich ein und das macht total viel Spaß“, sagt sie.

Zum Schluss frage ich Dominik, was er Leuten raten würde, die gerade erst mit der Vogelbeobachtung starten und vor ihren ersten Bestimmungsherausforderungen stehen:

Dominik: „Ich finde der Winter ist ein guter Anfangszeitpunkt für die Naturbeobachtung, weil die ganzen Zugvogelarten nicht da sind, die Bäume nicht belaubt sind und man an der Vogelfutterstelle sich schnell einen Überblick über die zwanzig bis dreißig häufigsten Arten verschaffen kann, um die Nuancen kennen zu lernen, etwa die unterschiedlichen Federkleider zwischen Männchen und Weibchen bei manchen Arten.“ 

Um den Erfahrungshorizont zu erweitern, ist es wichtig, ein gutes Fernglas zu haben. Ich kann hier nur jedem raten, sich etwas Vernünftiges zuzulegen, denn zum einen kauft man sich nicht ständig ein neues und es macht auch einfach einen großen Unterschied in der Bestimmung. Wenn ich zum Beispiel mein Victory SF 42 von ZEISS auspacke, ist es für mich jedes Mal ein Hochgenuss. Diese Lusthaftigkeit ist für mich essentiell an der Beobachtung, und dafür braucht es ein gutes Grundequipment. Das ist ganz wichtig und deshalb würde ich auch jedem ans Herz legen, einmal in eine gute Optik zu investieren, dann hat man damit auch lange Ruhe.

Der nächste Schritt wäre es dann, sich Vogelgesänge einzuprägen. Die häufigsten 18 Brutvogelarten der insgesamt 259 heimischen Brutvogelarten machen dabei achtzig Prozent des hiesigen Vogelbestands aus. Und wenn man das inne hat, dann setzt sich das Puzzle immer mehr zusammen und es ist wie eine Klaviatur, die sich entwickelt: Man lernt spielen und entdeckt immer wieder neue Dinge dazu.“

Mit dieser Aussage schließen wir das Interview. Draußen ist es inzwischen dunkel und Dominik wird sich gleich in sein Studio begeben, um zu arbeiten. Überaus inspiriert kehren wir an diesem Abend zurück nach Hause: Mein Sohn schläft auf dem Nachhausweg stolz mit seinem Braunkehlchen Klebetattoo vom NABU ein, das ihm von Dominik angebracht worden war, und ich habe die  Synthibirds von „Avichrom“ im Ohr.

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