Vier Fragen an Klaus Felgenhauer, Diplom-Ingenieur und Leiter der ZEISS Trainingsakademie im Experten-Interview
Der Einsatz von Vorsatzgeräten bei der Jagd ist aktuell ein großes Thema. Durch Änderungen in der geltenden Gesetzeslage und steigende Schwarzwildbestände in Kombination mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und zum Teil massiven finanziellen Belastungen durch Wildschäden werden deren Vorteile unter Jägern momentan viel diskutiert und die Anwendung bei der Jagd zunehmend ermöglicht.
ZEISS hat im hauseigenen Labor die Eignung der ZEISS Zielfernrohre für den Einsatz von Vorsatzgeräten auf Herz und Nieren geprüft. Die Ergebnisse der Studien bescheinigen ideale Voraussetzungen für das gesamte Portfolio von ZEISS. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das ZEISS Victory V8, ZEISS Victory HT, ZEISS Conquest V6 sowie V4 in den verschiedenen Versuchsaufbauten die erwartete und nötige Steifigkeit sowie höchste Zuverlässigkeit in der Schussfestigkeit zeigten. Kurzum: Für die im Markt erhältlichen Vorsatzoptiken weist das ZEISS Portfolio die geforderte Stabilität auf! Lesen Sie hier mehr zu den Tests!
Zum Einsatz von Vorsatzgeräten auf der Jagd haben wir mit dem Diplom-Ingenieur und Leiter der ZEISS Trainingsakademie, Klaus Felgenhauer, gesprochen.
Vorsatzgeräte werden für die Jagd kontrovers diskutiert. Jetzt testet ZEISS die Tauglichkeit seiner Zielfernrohre dafür. Wo liegen die Vorteile von Vorsatzgeräten?
Klaus Felgenhauer: Die Diskussionen, wie wir sie heute zu den Wärmebildvorsatzgeräten führen, sind sehr ähnlich wie die Diskussionen, die auch bei der Einführung unserer Leuchtabsehen vor 30 Jahren geführt wurden. Heute möchte kaum noch ein Jäger die Leuchtabsehen missen, eben genau, weil sie die Waidgerechtigkeit erhöhen und uns helfen, dem Wild Leiden zu ersparen. Genauso sehe ich das auch bei den Vorsatzgeräten. Verantwortungsvoll eingesetzt erlauben sie ein Stück im Fall von Wärmebildkameras auch ohne jedes Restlicht sicher anzusprechen, sauber abzukommen und zu erlegen. Mit den permanent steigenden Wildschweinbeständen, höheren Wildschäden und der immer näherkommenden ASP müssen wir das Schwarzwild intensiver bejagen, und Vorsatzgeräte verlängern hier schlicht die Zeiten, zu denen das waidgerecht möglich ist.
ZEISS hat den Einsatz von Vorsatzgeräten an den Zielfernrohren aufwändig im Labor getestet. Wie wurden die Feldtests zur Stabilität durchgeführt?
Felgenhauer: Um die besten Voraussetzungen und vor allem höchste Produktsicherheit zu schaffen, legen wir bei ZEISS extrem hohen Wert auf umfangreiche Prüfung unserer Produkte. Daher gehören bei uns neben Labortests auch immer Feldtests zur obligatorischen Freigabeschritten für neue Produkte – oder wie in diesem Fall, zur Überprüfung des Einsatzes von Vorsatzgeräten an unseren Zielfernrohren. Unseren Claim „Zuverlässigkeit unter härtesten Bedingungen“ haben wir bei diesem Test tatsächlich sehr ernst genommen. Die Testbedingungen waren an diesem klaren, aber kalten Wintertag auf der Range in Österreich durchgehend unter 0°Celsius. Von den Morgenstunden bis frühen Nachmittag haben wir die verschiedenen ZEISS Zielfernrohre mit Vorsatzgerät auf die Distanz von 100 Meter und mit ca. 200 Schüssen auf Herz und Nieren getestet. Geschossen wurde mit einer Anschütz 1782D im Kaliber .30-06 Springf. in verschiedenen Zielfernrohrkombinationen. Für den besten Vergleich der Treffpunktleistung der Zielfernrohre mit und ohne die Vorsatzgeräte wurde durchgehend dieselbe Munition, RWS EVO in 180 Grain / 11,9 Gramm, verwendet. Die Ergebnisse waren bei allen Schüssen sauber und haben die Stabilität und damit vor allem auch sichere Leistung der Zielfernrohre gezeigt.
Was muss ich beim Einsatz von Vorsatzgeräten beachten?
Felgenhauer: Selbst mit gut vorjustierten Vorsatzgeräten kann sich die Treffpunktlage verändern. Das heißt, man muss zusätzlich zum Zielfernrohr auch das Vorsatzgerät selbst einschießen. Für Wärmebildgeräte benötigt man hierfür ein Wärmepad. Im Freien funktioniert oft aber auch ein kleines Stück Alufolie, das man mit doppelseitigem Klebeband auf der Zielscheibe befestigt. Wichtig ist, dass man die Klemmung des Vorsatzgerätes auf dem Zielfernrohr mit dem vom Hersteller des Adapters angegebenen Drehmoment vornimmt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bei zu hohem Drehmoment das Zielfernrohr beschädigt wird und bei zu geringem das Vorsatzgerät beim Schießen vom Zielfernrohr herunterrutscht.
Wann benötige ich eine Wärmebildkamera oder Nachtsichtgerät und wann ein Vorsatzgerät? Was sind die jeweiligen Vorteile?
Felgenhauer: Wenn ich Wild „finden“ möchte, benötige ich ein Beobachtungsgerät mit möglichst großem Sehfeld und einer guten Auflösung wie beispielsweise die Wärmebildkamera ZEISS DTI 3/35. Wenn ich das Wild dann auch bei schlechtestem, sprich nicht mehr vorhandenem Licht, strecken möchte, dann brauche ich ein Vorsatzgerät. Für welche Technologie ich mich dabei entscheide, ist nochmal eine ganz andere Frage. Das ist sicher auch von persönlichen Vorlieben bzw. Anforderungen abhängig. Restlichtverstärker bieten einfarbige aber hoch aufgelöste Bilder, die dem „normalen“ Sehen entsprechen. Die Abschätzung von Entfernungen und der Größe eines Stückes und auch die Bewertung des Vorder- und Hintergeländes – habe ich Sicherheit für meinen Schuss? – gelingen hiermit sehr gut. Man kann damit auch gut die Enden z. B. eines Rothirsches erkennen. Das sieht bei Wärmebild vollkommen anders aus. Die „kalten“ Enden eines Geweihs sind nicht zu sehen und auch das Bild des Geländes ist sehr ungewohnt. Man sieht eben „nur“ Temperaturunterschiede bzw. Unterschiede in der thermischen Strahlungsintensität. Daran muss man sich erst einmal etwas gewöhnen. Aber es ist schon absolut faszinierend, wie klar und deutlich man damit dann nicht nur die Bache in absoluter Dunkelheit leuchten sieht, sondern auch die kleinsten Frischlinge im Gras. Das gelingt mit Restlichtverstärkern nicht. Mit ihnen sehe ich eben nur reflektiertes Licht. Ein Minimum an Restlicht muss also immer noch vorhanden sein.