Die optimierte ZEISS Eyebox

Warum sie ein flexibles Einblickverhalten bei Zielfernrohren ermöglicht.

Mann schaut durch die Eyebox des Zielfernrohres

Eine Rotte Wildschweine kreuzt die breite Lichtung. Jetzt den Kopf schnell drehen, um einen Blick durchs Zielfernrohr zu erhaschen. Im entscheidenden Moment den notwendigen Überblick zu behalten und rechtzeitig in den Anschlag zu kommen – das kann entscheidend für eine erfolgreiche Jagd sein. Bei solch einer raschen Körperdrehung ist eine optimierte Eyebox am Zielfernrohr der ausschlaggebende Punkt. Im Gespräch mit unserem Leiter des ZEISS Systems Design Dr. Johannes Zellner erfahren wir, warum die Eyebox eine so große Rolle spielt, wie ZEISS das Optikdesign hierfür optimiert und warum aufwendige digitale Abbildungssimulationen dabei unverzichtbar sind.  

Erklären Sie uns doch zu Beginn was die Eyebox genau ist und warum sie bei der Jagd eine wichtige Rolle spielt?

Dr. Johannes Zellner: „Die Eyebox ist der nutzbare Bereich hinter dem Zielfernrohr. Die geometrische Größe der Eyebox hängt von der Größe der Eintrittspupille, der Vergrößerung und vom Sehfeld ab. Der tatsächlich nutzbare Bereich dieser Eyebox ist zusätzlich davon definiert, wie gut die Abbildung innerhalb dieser geometrischen Eyebox korrigiert ist. Die Eyebox sollte möglichst groß sein, damit das Auge auch bei nicht exakter Positionierung ein möglichst scharfes Bilderlebnis über das gesamte Sehfeld erfassen kann. Gerade bei Drückjagden oder auf der Pirsch, also wenn es mal schnell gehen muss, bietet eine große Eyebox den entscheidenden Vorteil, da das Auge nicht so präzise positioniert werden muss und der Kopf dennoch bewegt werden kann. Das Ziel kann einfacher anvisiert und im entscheidenden Moment ein waidgerechter Schuss abgegeben werden.“

Die Abbildung zeigt die Eyebox bei einem Zielfernrohr, der nutzbare Bereich hinter dem Zielfernrohr.

Was zeichnet die Eyebox bei ZEISS Zielfernrohren aus?

Zellner: „Um in allen Jagd-Situationen eine bestmögliche Abbildung zu erreichen, optimieren wir die Eyebox für verschiedene Anwendungsfälle, wie unterschiedlich große Augenpupillen der Anwender und Positionen des Auges zum Zielfernrohr.

Durch Minimierung der sphärischen Aberration der Pupillenabbildung sorgen wir für eine konstante Schnittweite  der Austrittspupilleüber das gesamte Sehfeld. Damit optimieren wir den Bereich, in dem Jägerinnen und Jäger ihren Kopf entlang der Achse des Zielfernrohrs bewegen können.

Bei einer Dezentrierung des Auges senkrecht zur Achse des Zielfernrohrs optimieren wir die optische Abbildung auf geringstmögliche Farbsäume. Nicht zuletzt sorgen wir bei allen Vergrößerungen für eine möglichst vignettierungsarme Abbildung bis zum Sehfeldrand. Wir legen das Optikdesign also so aus, dass die Abbildung der Jagdsituationen auch bei viel Bewegung möglichst scharf und hell ist.“

Und wie erreicht ZEISS ein solch optimiertes Optikdesign?

Zellner: „Außer der Optimierung der Abbildungsleistung für unterschiedliche Anwendungs-Situationen wollen wir Jägerinnen und Jägern mit unseren Zielfernrohren bestmögliche Transmission bei geringem Gewicht bieten. Im Optik-Design müssen wir deshalb die optimale Balance zwischen hoher Abbildungsleistung und geringem Gewicht, das heißt einer geringen Anzahl von Linsen, erreichen.

Unterschiedliche Optik-Design-Varianten bewerten und vergleichen wir dabei durch aufwendige digitale Abbildungssimulationen, wir nennen das auch „digital twins“ – eine Art virtueller Prototyp.

Mit Hilfe der Abbildungssimulationen lassen sich reale Bilder einer Jagdsituation, wie beispielsweise das Ansprechen einer Wildsau, bei unterschiedlichsten Anwendungsbedingungen darstellen. Damit können wir bereits bevor wir das Produkt in den Händen halten, den Bildeindruck verschiedener Optik-Design-Stände unter realen Bedingungen beurteilen. Durch den Einsatz solcher „digital twins“ haben sich die Zyklen zwischen Optik-Design und Verifikation unter realen Bedingungen extrem verkürzt. Dadurch können wir eine größere Anzahl an Design-Varianten beurteilen und die für die Jagd-Anwendung optimale Eyebox erreichen. Wenn es um die Abbildungsleistung geht, gehen wir keine Kompromisse ein!“

Wie können Jägerinnen und Jäger nun eine gute Eyebox beim Kauf eines Zielfernrohres erkennen?

Zellner: „Eine große Eyebox lässt sich am besten erkennen, wenn man das Auge im Bereich der Austrittspupille des Zielfernrohrs dezentriert beziehungsweise nach vorne und hinten bewegt und verschiedene Zielfernrohre miteinander vergleicht. Bei ZEISS Zielfernrohren bleibt eine ausgezeichnete und vignettierungsarme Abbildungsleistung bei Bewegungen innerhalb der geometrisch nutzbaren Eyebox erhalten.  

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass mit der optimierten Eyebox ein besonders flexibles Einblickverhalten ermöglicht wird und auch bei dynamischen Jagdsituationen Jägerinnen und Jägern mehr Spielraum für die Positionierung des Auges geboten wird. Dank der digitalen Abbildungssimulationen verbessert ZEISS das Optikdesign und bietet so ein helles und scharfes Bild, selbst wenn das Auge nicht genau in der Austrittspupille des Zielfernrohrs steht.“

Jagd auf Tahr in Neuseeland

Wenn einfach alles passt

Die Jagd mancher Tiere gilt als besondere Herausforderung. Die Tahr-Jagd in den Bergen der Südinsel Neuseelands zählt zweifellos dazu. Seitdem die Ziegenart aus dem Himalaya 1904 nach Neuseeland eingeführt wurde, fühlt sie sich in der rauen und bergigen Region rund um den Mount Cook sehr wohl und hat sich inzwischen auf vielen Berggipfeln und in zahlreichen Tälern der südlichen Alpen angesiedelt.

Ihr dickes Fell schützt sie vor dem rauen Gebirgsklima, und dank ihrer Fähigkeit, fast senkrechte Felswände erklimmen zu können, ist sie oft an Orten anzutreffen, die nur per Hubschrauber zu erreichen sind oder die beschwerliche Wanderungen auf steilen Berghängen erfordern. Das macht die Tahr-Jagd zu einer wahren Herausforderung, und jeder Jäger, der es schafft, eine Trophäe zu ergattern, darf zurecht stolz auf diese Leistung sein. Das war mir voll und ganz bewusst.

Deshalb war es fast ein Schock für mich, auf einem Berghang durch mein V8 zu blicken und einen wunderschönen Tahr-Bullen vor mir zu sehen. Wir waren an diesem Morgen gerade erst aufgebrochen. Erwartet hatte ich eine lange und strapaziöse Tour über spitze Felsen und loses Schiefergestein, in der Hoffnung, irgendwann die richtige Position zu finden, um einen Blick auf den wachsamen Tahr zu erhaschen. Doch plötzlich kam der große Bulle – wie ein Rehbock, der in einem weit entfernten europäischen Wald auf eine Lichtung tritt – über den Bergkamm auf uns zu.

Als er von einem Felsen zum nächsten sprang, sahen wir, dass er lahmte und sich wahrscheinlich verletzt hatte, vielleicht im Kampf mit anderen Bullen um die Rangordnung in der Herde. Als ich ihn mir durch mein Victory SF näher anschaute, bemerkte ich die auffallend langen Spitzen seiner Hörner – er war wirklich ein Prachtexemplar.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte ein paar harte und ziemlich erfolglose Wochen der Rotwildjagd hinter mir. Doch hier war ich nun, wie gebannt vor dem prächtigen Tahr, der auf uns zukam. Und das nach einer Wanderung, die mir wie ein kurzer morgendlicher Spaziergang in den Bergen vorkam. Diese Chance wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen, also brachte ich mich auf meinem Rucksack in eine gute und stabile Position. Jetzt galt es, auf den richtigen Moment für den Blattschuss zu warten.

Wenn man so eine Gelegenheit bekommt, besteht immer das Risiko, dass man übermütig wird und in letzter Sekunde noch etwas schiefgeht.

David Carsten Pedersen

Der Bulle kam immer näher, doch plötzlich hielt er inne, drehte seinen Kopf und blickte uns direkt an. Vielleicht hatte er unsere Witterung aufgenommen. Vielleicht hatte ihn sein langes Leben in den Bergen aber auch einfach gelehrt, immer auf der Hut zu sein. Ich wusste, dass ich nah genug an ihm dran war, und wollte nicht abwarten, ob er stehen bleiben oder weglaufen würde, also drückte ich sanft auf den Abzug der Sauer 404. Der empfindliche Abzug löste präzise aus, und trotz des Rückstoßes der .300 Win Mag konnte ich ganz klar sehen, wie der Schuss direkt hinter dem Vorderlauf des Tieres landete.

Als ihn die Kugel traf, machte der Bulle einen großen Sprung nach vorn und sprintete den Berghang hinab. Und dann war er weg. Als hätte ihn das hohe, feste Gras einfach verschluckt. Von unserer Begegnung zeugten nur noch die Patronenhülse auf dem Boden und das Geräusch des Schusses, das immer noch durch das Tal hallte. „Das war ja der Wahnsinn!“ Meinem Jagdkumpel Ulrik war anzusehen, dass er genauso glücklich war wie ich. Er hatte bereits Tahrs gejagt und wusste genau, dass wir gerade riesiges Glück gehabt hatten – wahrscheinlich mehr Glück, als wir verdienten.

Doch als wir losgingen, um den Tahr zu suchen, sprachen wir über all die Dinge, die passen mussten, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Je mehr wir darüber sprachen, desto überzeugter waren wir, dass Glück gar nicht so viel damit zu tun hatte. Wir hatten unsere Hausaufgaben gemacht und einen ausgezeichneten Guide gefunden, der uns ein Gebiet mit sehr vielen Tahrs gezeigt hatte. Wir hatten wochenlang in den Bergen und Wäldern der Südinsel trainiert und waren nun fit genug, um uns ohne Probleme über das Schiefergestein zu bewegen. Wir hatten die richtige Ausrüstung für die raue Bergwelt dabei: ein Fernglas und ein Zielfernrohr, mit denen selbst kleinste Details herausstachen, ein Gewehr mit einer größeren Reichweite, als wir sie jemals benötigen würden, und eine Tarnung, die uns praktisch unsichtbar machte – selbst für das scharfe Auge des Tahrs.

Dieser Kombination aus Recherche, Vorbereitung und der richtigen Ausrüstung hatten wir unsere scheinbar einfache Jagd zu verdanken. Glück war nur, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Wir fanden den Tahr weniger als einhundert Meter von der Stelle entfernt, an der er verschwunden war. Sein prächtiger Kopf ruhte im Gras und sein Fell roch nach Gebirge und Nebel. „Jetzt kommt der anstrengende Part“, sagte Ulrik mit einem breiten Grinsen. „Wer ihn schießt, muss ihn auch tragen“, sagte er und grinste von einem Ohr zum anderen. Manchmal führt an der Schufterei eben doch kein Weg vorbei.

Probieren Sie es selbst aus

JAGEN IN NEUSEELAND

In Neuseeland zu jagen, ist für jeden abenteuerlustigen Jäger ein einmaliges Erlebnis. Es ist einer der wenigen Orte weltweit, an denen Jäger aus dem Ausland ohne Führer auf öffentlichem Grund jagen dürfen. Ein Waffenschein und eine Jagdgenehmigung sind einfach zu bekommen und können online auf der Homepage der Naturschutzbehörde DOC oder bei der örtlichen Polizeiwache oder DOC-Außenstelle beantragt werden. Beachten Sie jedoch, dass das Jagen auf öffentlichem Grund körperlich anstrengend und ohne Erfahrung und die richtige Vorbereitung auch gefährlich sein kann. Für ausländische Jäger, die das Beste aus ihrem Aufenthalt in Neuseeland herausholen wollen, ist die Buchung eines einheimischen Guides eine einfache und empfehlenswerte Option. Zeit mit den Einheimischen zu verbringen und von der langjährigen Erfahrung und den Fähigkeiten der Kiwis zu lernen, ist oft ein ebenso unvergessliches Erlebnis wie die Jagd selbst. Es besteht auch die Möglichkeit, auf großen Privatgrundstücken zu jagen. Die körperlichen Anforderungen sind dabei meist weniger hoch, doch die Jagd kann für Jäger auf der Suche nach einem ganz besonderen Erlebnis in Neuseeland dennoch eine einzigartige Herausforderung darstellen.

Verwendete Ausrüstung

Wildschweinjagd bei Nacht

Max Götzfried über sein Jagdglück im hessischen Forst

Da der Gesetzgeber mit feinem Gespür für Männerleiden sonntägliche Einkaufstouren oder gar die Höchststrafe „Ikeabesuch“ blockiert, wird es mir durch meine Äußerungen: „Schönes Wetter heute!“ und „Die Hunde müssten auch mal raus!“ überraschend leicht gemacht, ins Revier fahren zu dürfen. Schon bei der Routinekontrolle des ersten Luderplatzes in einem Wiesengrund fällt mir ein schmaler Tritt in einem Maulwurfshügel auf – Damkahlwild? Tatsächlich, zwei weitere Hügel bestätigen: Mindestens Alttier und Kalb, für unser Revierchen eine Seltenheit! Da auch der Luderplatz angenommen ist, will ich einen Ansitz Marke Rückenschmerz wagen – durchsitzen bis morgens. Auch wenn ich jedes Stück Wild beim aktuellen Halbmond durch mein restlichtverstärkendes ZEISS VICTORY 5.6×62 Night Vision bestens ansprechen und durch das auch ohne Hilfsmittel lichtstarke, ZEISS V8 2,8-20×56 noch leichter ins Glas bekommen werde, gibt es ein Problem: das Nachtjagdverbot auf Damwild.

Erst fünf Meter vor dem Buffet, scheint der schwache Fuchs Sicherheitsbedenken zu bekommen und setzt sich hin.

Max Götzfried

Die Chance, dass ich tatsächlich und zu legaler Zeit eine der schmackhaften, gefleckten Keulen zu Gesicht bekommen würde, ist zwar gering, aber nicht geschossen ist ja bekanntlich auch vorbei – eine Stunde vor Dämmerung beziehe ich Posten und harre der Dinge, die da kommen sollen. Erst einmal kommt aber lange gar nichts, abgesehen von zwei Hasen und drei Rehen. Die erste Hürde hat das Damwild genommen, jetzt darf ich sowieso nicht mehr – aber die Bewegung da eben… Meister Reineke macht zur Abwechslung mal keine Kompromisse und schnürt wie auf Schienen so etwas von direkt auf den Luderplatz zu, dass ich kaum Zeit habe, die Waffe leise in Anschlag zu bringen.

Erst fünf Meter vor dem Buffet, scheint der schwache Fuchs Sicherheitsbedenken zu bekommen und setzt sich neugierig vor mich hin. Es ist keine Kunst, den feinen Leuchtpunkt in aller Ruhe mitten auf den weißen Brustlatz zu setzen. Ich vergewissere mich noch einmal mit dem Nachtsichtgerät, dass der Räuber liegt und will mich gerade zufrieden zurücklehnen, als ich zufällig einen weiteren Huscher wahrnehme.

Der nächste Fuchs nähert sich, als sei überhaupt nichts geschehen, genauso schnurstracks dem Luder und – das hätten Synchronschwimmer auch nicht besser hinbekommen – setzt sich exakt auf die gleiche Weise auf genau die andere Seite des Luderplatzes. Gibt‘s das? Ich halte mich nicht lange auf, wir haben ein Niederwildrevier… Auch Nr. 2 ist keine Kunst. Doch jetzt ist guter Rat teuer. Das Nachtjagdverbot gilt noch bis morgens – aber nicht auf Sauen! Ich beschließe daher, meinen Ansitzsack als Platzwärmer zurückzulassen und erst einmal unser Stadtrand-Problemgebiet aufzusuchen. Ich bin noch nicht richtig aus dem Auto ausgestiegen, als mir vor lauter Schreck beinahe das Nachtsichtgerät aus der Hand fällt: rund 150 Meter vor mir unterzieht ein richtiger Brocken von Sau die feuchte Wiese einer ausgiebigen Wurmkur.

Ha! Was ist denn heute los? Eigentlich müsste ich mich kaum bewegen, aber in diesem Gelände schieße ich nicht gerne weit. Schuhe aus und vorgerückt! Vorsichtig und nervös komme ich immer näher an die Sau heran, die auf der kurzen Wiese und mit dem Stadtlicht im Rücken so auffällig ist wie eine Ölpest auf einer Skipiste. Oft schon hatte ich sie vor, aber sie führte dann entweder kleine Frischlinge, stand auf den nahen Bahnschienen, brach in aller Seelenruhe im Nachbarrevier oder hatte sonst irgendeinen Schutzengel.

Was für ein Klotz, das kann doch nur… Erna! Die Grande Dame der Darmstädter Stadtsauen!

Max Götzfried

Denn auch wenn es eine Bache ist, so gilt ihr mein bevorzugtes Streben – sie führt in jedem Jahr eine Vielzahl von Neubürgern, die immer weiter und unverfrorener das Stadtgebiet bevölkern. Erst letzte Woche hatte ich sie ein paar hundert Meter weiter zufällig eine Straße queren sehen, mit neun (!) „Frischlingen“ von fast einem Zentner, die gegen sie übrigens aussahen wie Halblinge. Ich schaue mich um, kann Ernas Gefolgschaft aber nirgends entdecken.

Da die aber ohnehin nicht mehr von ihr abhängig ist, beschließe ich, diese Chance zu nutzen. Ich habe jedoch vergessen, das Glas wieder herunter zu drehen, so dass Erna im ersten Moment auf die kaum 20 Meter gleich noch monströser aussieht. Vor lauter Aufregung tanzt der extrem feine Leuchtpunkt auf ihr Jive – bloß keine Nachsuche in diesem Problemgebiet!  Ich muss noch einmal kurz absetzen. Dann ziele ich bewusst auf die Blattschaufeln, um eine Flucht zu vermeiden. Mit beeindruckendem Kugelschlag sackt die schwarze Lokomotive zusammen wie ein Mehlsack.

Mit gemischten Gefühlen trete ich an die alte Dame heran, die, wie sich später herausstellt, sage und schreibe aufgebrochen 103 Kilo wiegt. Als ich leicht sentimental über ihr einstiges Revier schaue, trollt aus einer Bebauungslücke in einiger Entfernung und wohl durch den Schuss hochgemacht die Entourage der Königin heran, die neun Zentner-Sauen! Sie wollen den sicheren Hafen der Bahndammhecken erreichen, schnell jetzt, mitziehen, mitziehen…! Die zweite zeichnet deutlich und fällt sofort zurück, was die Rotte völlig durcheinanderbringt und in alle Richtungen flüchten lässt.

Kaum fünf Meter vor mir verhofft ein Kujel, um sich zu orientieren – ein Kinderspiel und 200 Kilo Wildbret in vielleicht zwei Minuten, heute ist wirklich ein besonderer Abend! Stunden später, schlagkaputt und nass geschwitzt, hadere ich am Jagdhaus mit mir – soll ich es wirklich noch einmal im Wiesengrund versuchen? Ich muss ja ohnehin noch mein Zeug dort abholen!

Mehr schlappend als pirschend nähere ich mich unvorsichtig der Kanzel – schon wieder ein großer, schwarzer Klumpen! Das Nachtsichtgerät bringt mich vollends in die Nähe eines Herzinfarktes: da steht nicht irgendwas, sondern ein gewaltiger Schaufler! Einer, wie ich ihn in diesem Revier noch nie gesehen habe! Und noch viel schlimmer: Ich bin so müde daher gewackelt, dass er mich längst mitbekommen hat. Er lässt sich die Zeit, mir durch seine gewaltige Auslage und breiten Schaufeln hörbar das Kinn herunter zu klappen, dann dreht er sich gemächlich um und zieht spitz von mir weg in den nahen Wald.

Immer wieder verhofft er und lacht mich breitstehend aus. Er passt wie die Faust aufs Auge, ein „Einser“ aus dem Bilderbuch – aber es ist immer noch Nachtzeit! Mit offenem Mund starre ich ihm hinterher, bis er in den einzigen kleinen Wald zieht, den wir in unserem von Staatswald umgebenen Feldrevier überhaupt haben. Völlig verdattert über diesen wahrhaft seltenen Besuch krabbele ich die Leiter hinauf und plumpse auf meinen Schlafsack. Nicht, dass ich ein großer Trophäenjäger bin, aber dieser Schaufler ist beeindruckend.

Ein einziges Mal in über zwanzig Jahren habe ich so einen Hirsch vor – und dann das!

Max Götzfried

Plötzlich hellt sich meine Miene ebenso auf wie, als wäre es bestellt, allmählich das Morgengrauen um mich herum. Was will der Schaufler überhaupt in diesem Wäldchen? Das ist doch gar kein Einstand für ihn! Ich habe eine winzige Chance, denn links von mir sind 20 Hektar fast durchsichtiger Hochwald – rechts von mir aber über 1000 Hektar Staatswald mit Buchenrauschen en masse! Bei dem Glück, was ich habe, will ich‘s doch versuchen. Fieberhaft beobachte ich im Halbanschlag die Waldkante. Hinter unserem Wald und rechts davon ist blankes Feld, links ein Rangierbahnhof – der Schaufler kann eigentlich nur hier durchwechseln, muss irgendwie an mir vorbei! Nervös fummele ich an der Sicherung herum, überprüfe das Glas, mustere immer wieder das Wiesental… Da! Nein, ein Hase… Da! – Nein, der Unkrautbusch steht da schon die ganze Nacht. Oder da…? Langsam schiebt sich weit hinten ein Vorschlag in die Wiese, dann eine weit ausladende Schaufel – der Schaufler hat seinen Irrtum bemerkt! Wie eine Salzsäule sichert er den Grund entlang, dorthin, wo er mich zuvor entdeckt hatte.

Ihm war sichtlich unwohl bei dem Gedanken, jetzt wieder an dieser Stelle vorbei zu müssen. Wie soll man da ruhig bleiben? Sicher über 200 Meter sind‘s zum Schaufler, für mich „Kunstschütze“ kein Pappenstiel. Ich drehe auf 20-fach, korrigiere die ASV – und wartete auf „den“ Schritt. Doch die Salzsäule steht. Und steht. Und steht. Eine gefühlte Ewigkeit, die mich im Anschlag verzweifeln lässt. Kruzefix! Da dreht sich die Schaufel wieder ein, der Hirsch sichert nach vorne – gleich… Majestätisch zieht mein Gegenüber ins Freie und sichert erneut in meine Richtung. Jetzt oder nie. Der Flug des HIT Geschoss in .30-06 dauert eine gefühlte Ewigkeit, dann aber findet es klatschend sein Ziel. Der alte Schaufler bäumt sich ein letztes Mal auf – und sinkt in die Wiese. Nicht einmal repetieren kann ich, so zittrige Hände habe ich. Was für eine Nacht! Ich muss mich sammeln, bevor ich an El Capo herantrete und ehrfürchtig sein vernarbtes Haupt anschaue. Zum zweiten Mal in so kurzer Zeit bin ich zwiegespalten. Ein seltener Gast – ein jähes Besuchsende. Erst etwas später stellt sich Erlegerfreude ein…

Verwendete Ausrüstung

Eine Jagdreise für den Auerhahn

Im Herzen des Winters.

Eine Reise zur Jagd nach Auerhähnen in den fernen Norden Skandinaviens wird zu einem Selbstfindungstrip für den ZEISS Jagdbotschafter David Carsten Pedersen.

„Es war sehr gut, mit dir zu jagen.“ Diese Aussage kam von einem der besten Jäger, den ich je getroffen habe. Dieser Mann war Tommy Holmberg, der legendäre Jagdführer aus dem schwedischen Lappland, der es einmal mit einem menschenfressenden Bären aufgenommen hatte. Wir hatten es uns beide neben einem kleinen Holzofen gemütlich gemacht und waren müde nach einigen harten und erfolgreichen Tagen Elchjagd. In den paar Tagen gemeinsamen Jagens waren wir gute Freunde geworden und sein Lob bedeutete mir viel mehr als ihm meiner Meinung nach bewusst war. „Aber du musst im Winter zurückkommen für die Auerhahnjagd. Das ist wirklich etwas Besonderes. Da lernst du tatsächlich die Seele des schwedischen Lapplands kennen.“ Im Wissen, dass ich den nächsten Tag zurück nach Hause kehren musste, war ich sehr begeistert von der Idee zukünftiger Abenteuer.

„Es ist allerdings keine leichte Jagd.“ Er sagte dies im speziellen Dialekt Nordschwedens. „Du jagst auf hölzernen Ski. Du schießt sehr weit. Und es kann wirklich kalt werden.“ Er sagte dies mit der gleichen Selbstverständlichkeit in seiner Stimme, mit der er auch über alles andere sprach. In Lappland verschwenden die Leute keine unnötigen Wörter. Wenn Tommy also sagte, dass es eine gute Jagd war, dann war es auch so. Und natürlich sagte ich ihm, dass ich zurückkehren würde. Zu diesem Zeitpunkt hätte Tommy mir vorschlagen können in eine Bärenhöhle zu kriechen und eine schlafende Bärin zu umarmen und ich hätte es ohne Zögern getan. Ich konnte nur noch daran denken, an diesem Ort über dem nördlichen Polarkreis zurückzukehren und den königlichen Waldvogel zu jagen: Der schwedische Auerhahn.

Es wird sehr kalt, mein Freund. Du stellst besser die richtigen Temperaturen ein.

David Carsten Pedersen

Ein paar Jahre später war ich mit meinem guten Freund Nikolaj auf dem Schießplatz. Wir hatten geplant, Tommy in Lappland für die Auerhahnjagd zu besuchen. Und wir erwarteten einige Schüsse auf große Distanz bei extremen Temperaturen.

Im Moment waren wir dabei die Auswirkung der Temperaturen auf die Ballistik der Geschosse zu diskutieren. „Die Kugel verliert etwa 0,3 TS pro 20 Grad Unterschied, mehr oder weniger, also berechnen wir das besser mit ein“, sagte Nikolaj mir während wir die ASV+ für die geplante Jagd einrichteten. „Und für mich sieht es danach aus, als würde es verdammt kalt werden, mein Freund“, sagte er mit einem Lächeln. Der Wetterbericht sagte voraus, dass die Temperaturen tagsüber auf -20 Grad sinken würden. Das würde mindestens 30 Grad Unterschied zu den relativ warmen Temperaturen auf dem Schießplatz ausmachen.

Wir waren beide schon in Lappland gewesen und daran gewöhnt, unter schwierigen Bedingungen zu jagen. Mit Wolle und vielen Lagen Kleidung im Gepäck machten wir uns keine Sorgen zu frieren. Und nach Bestätigung der Ballistik mit der ZEISS Hunting App waren wir zuversichtlich, dass wir jede Möglichkeit auf einen guten Schuss ergreifen könnten; selbst bei so relativ kleinen Zielen wie den Lebenszeichen eines Auerhahns auf große Reichweite. Jetzt mussten wir nur noch all unsere Sachen fertig packen und uns auf vier Tage oberhalb des nördlichen Polarkreises vorbereiten.

Willkommen zurück im schwedischen Lappland, meine Freunde!

Der kleine glatzköpfige Mann mit dem langen Bart und der weiten Kleidung begrüßte uns mit einer bärigen Umarmung sobald wir den Flughafen in Luleå betraten. Mit leuchtenden Augen und einem breiten Grinsen war Tommy Holberg genauso beeindruckend wie ich mich an ihn von meinem letzten Besuch im schwedischen Lappland erinnerte. „Ich weiß nicht, ob ihr euch den Wetterbericht angesehen habt, Jungs. Aber es wird wirklich kalt.“ Er fuhr fort in einem Tonfall, den ich von ihm noch nicht gehört hatte. Etwas war los. Als wir in seinem großen Highlux aus dem Flughafen fuhren, gerieten wir direkt in einen Stau. Eine Herde Rentiere blockierte die Straße vor uns. Jedes Auto bremste beim Passieren der friedlichen Tiere auf Kriechgeschwindigkeit ab.

„Ich hoffe wirklich, dass es nur bei etwa -20 Grad bleiben wird“, sagte Tommy im gleichen Tonfall wie zuvor. „Aber es sieht so aus, als würde es deutlich kälter werden. Vielleicht sogar bis -30 Grad. Wir hätten Glück, wenn wir ein oder zwei Vögel erwischen. Aber ich muss euch sagen, dass wir eventuell nicht einen Vogel sehen werden.“ Auf der Fahrt zu unserem Ziel auf der gefrorenen Autobahn unterhielten wir uns darüber.

Bei zu kalten Temperaturen würden die Vögel ihre Verstecke nicht verlassen, um in den Baumkronen zu essen, sondern unter dem Schnee bleiben, ihre Wärme bewahren und auf mildere Tage warten. Die einzige Möglichkeit sie zu entdecken ist nach Spuren im Schnee, Luftlöchern und Mist zu suchen und sie dann aus ihren Höhlen zu treiben. Es sah nach einigen harten Tagen auf Ski aus. Im warmen Auto hatten wir keine Vorstellung davon, wie hart es tatsächlich werden würde.

Auf der Suche nach Vögeln in einem Kühlschrank.

Wir liefen mit unseren Ski so leise wie möglich durch die gefrorene Landschaft. Nach fast einem ganzen Tag auf den langen Holzski entdeckten wir endlich Auerhahnmist unter dem Schnee und die Spuren von Flügeln, wo einer zum Flug angehoben hatte. Jetzt versuchten wir herauszufinden, wo er gelandet war. Und vielleicht sogar eine Gelegenheit für einen Schuss zu erlangen.
Falls du noch nie versucht hast Auerhähne zu jagen: Die Technik ist eigentlich ziemlich simpel. Du ziehst dir ein Paar sehr lange hölzerne Ski mit Spitzen an, die durch die vereiste obere Schicht des Schnees schneiden. Dann läufst du durch Wald, Moore und Hügel und versuchst die Vögel zu entdecken, wenn diese Tannennadeln essen. Du jagst nur nach Männchen und verbringst sehr viel Zeit damit die Baumlinie nach ihren großen schwarzen Silhouetten abzusuchen. Wenn du einen entdeckst, versuchst du, dich in Schussweite zu begeben, ohne dass der Vogel dich entdeckt. Der Schuss wird oft aus liegender Position vom Schnee abgegeben, über Reichweiten von 200 Metern und aufwärts. Das klingt alles sehr einfach. Bis du es in der Realität tun musst.

Falls du nicht gerade ein Einwohner des nördlichen Skandinaviens bist, ist es wahrscheinlich, dass du nicht sehr viel Erfahrung mit den sehr langen hölzernen Langlaufski der Sami hast. Dazu die Tatsache, dass überall etwa 1,5 Meter hoher Pulverschnee ist, du dicht bewaldete Hügel und Flüsse überqueren musst und du fängst an eine Vorstellung davon zu haben, wie physisch anstrengend diese Jagd wirklich ist. Und dann ist da ja die Geschwindigkeit. Um in den kurzen Wintertagen eine gute Jagd zu schaffen, musst du mit den Ski hart und schnell fahren. Nach den ersten 200 Metern beginnst du stark zu schwitzen. Wenn du deine Temperatur nicht regulierst, wirst du nass und riskierst Unterkühlung. Wenn du Lagen deiner Kleidung entfernst, musst du die bisherige Geschwindigkeit halten oder du läufst Gefahr wieder zu frieren. Eine Pause zu machen bedeutet immer, mehr Kleidung anzuziehen. Eine Skibindung oder gar ein Bein zu brechen, kann zum Tode führen. Kurz gesagt: Es ist nicht so einfach wie es klingt. Aber wir hatten sehr viel Spaß.

„Ich glaube, er könnte dorthin geflogen sein. Ihr geht links um das Moor und ich rechts. Gebt mir ein Signal, wenn ihr etwas seht“, erklärte Tommy mit der gleichen Sicherheit, mit der er uns bereits den ganzen Tag geführt hatte. Wenn es auch nur einen Vogel in dieser gewaltigen gefrorenen Landschaft gab, würde er ihn sicher finden. In vollstem Vertrauen glitten Nikolaj und ich fort durch die Bäume und brachen rauschend durch die Oberfläche. Der Sonnenuntergang war nach nur ein paar kalten Stunden Tageslicht schon im Gange. Als wir später für eine Zwischenmahlzeit aus Nüssen und Schokolade anhielten, überprüften wir unsere Thermometer. Die Temperatur war auf -32 Grad gesunken. Und außer dem Misthaufen hatten wir keinerlei Lebenszeichen gesehen.

„Ich war noch nie an einem so toten Ort“, dachte ich bei mir als wir eine weitere Baumlinie absuchten und versuchten einen Vogel heraufzubeschwören. Es ist wie auf einem anderen Planeten, einem wunderschönen toten Planeten mit organischem Siliziumdioxid in Form von Bäumen, der mit einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Nichts bewegte sich. Nicht einmal der Wind. Alles war gefroren und still. Die einzige Wärmequelle in diesem riesigen Tiefkühlschrank waren drei Männer, die sich durch den Schnee in die Berge arbeiteten, auf der Suche nach einem Vogel, der vielleicht niemals da war.

Als die Sonne am zweiten Tag unterging, waren die Temperaturen auf -38 Grad gesunken. Wir waren den ganzen Tag angestrengt auf Ski unterwegs gewesen und saßen nun auf unseren Ski im Schnee, aßen unsere heiße Rentiersuppe und freuten uns über unsere dicken Jacken, bevor wir auf den Ski zu den Hütten zurückkehren würden. Wir hatten den ganzen Tag nichts gesehen. Nicht ein einziges lebendiges Tier. Nur das riesige weiße Ödland aus Eis und Schnee. Wir hatten noch mindestens 7 Kilometer Ski vor uns, bevor wir ankommen würden. Bis dahin würde die Sonne untergegangen sein und wir würden im Schein unsere Stirnlampen laufen.

Die Stimmung war gut, aber die Temperaturen fingen an, mir zu schaffen zu machen. Es war fast physisch. Eine harte Kälte, die in der Nase bei jedem Atemzug stach und die Wärme aus allem sog. Unsere Bärte waren gefroren und wir hatten Eis in den Wimpern. Während ich meine warme Suppentasse umarmte, konnte ich den Vögeln nicht vorwerfen, dass sie sich unter dem Schnee versteckten. Alles, was sich nach draußen wagte, würde sterben. Selbst Tommy machte die Kälte offensichtlich zu schaffen. Wir mussten zurück auf die Ski, um uns auf den Heimweg zu machen.
Und dann wurde es plötzlich ernst. Es begann in meinen Zehen. Ich hatte immer eine schlechte Durchblutung in meinen Füßen. Also war ich es  gewöhnt, kein Gefühl in meinen Zehen zu haben. Aber egal, was ich auch versuchte, ich konnte sie nicht warm bekommen.

Zunächst habe ich nicht darüber nachgedacht. Es begann als eine kriechende Kälte, die sich durch meine Füße und hoch in meinen Körper arbeitete. Stück für Stück breitete sich die Kälte überall aus. Ich konnte mich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Sie war überall. Ich wusste, dass ich auf dem Weg nach Hause war. Ich musste nur ruhig bleiben und einen Ort in mir finden, an dem ich warm bleiben könnte. Und dann wäre ich zu Hause. Also habe ich genau das getan. Im Dunkel der Winternacht, mit kaltem weißen Mondschein über dem gefrorenen Wald, ging ich in mich und fand eine Wärmequelle. Es fühlte sich an als würde ich meinen Körper verlassen und mich von außen betrachten. Um mich herum war das Gefühl des Waldes, der Hügel und der Seen. Ich wusste, dass ich bis auf die Knochen ausgekühlt war. Aber aus irgendeinem Grund war mir warm. Und ich lachte.

Im Herzen des Winters.

Als wir an der Hütte ankamen, stolperte ich fast durch die Tür. Das Feuer war heiß und das Essen warm. Aber egal, was ich auch versuchte, meine Füße fühlten sich an wie Eiszapfen. All meine Zehen waren weiß und die Spitze von einem hatte begonnen sich blau zu färben.

„Du gehst heute nicht raus, mein Freund“, sagte Tommy ernst. Während der Nacht hatte mein Zeh angefangen, sich blau zu färben. Es gab keinen Weg an der Erkenntnis vorbei. Ich hatte eine Erfrierung. „Du wirst den Zeh verlieren, wenn du nach draußen gehst“, wiederholte er. Todernst. Wenn ein Mann wie Tommy dir von einem Risiko abrät, hörst du auf ihn. So einfach ist das. Aber so traurig wie ich auch war Nikolaj und Tommy für einen weiteren Tag auf Ski gehen zu sehen, hatte ich doch ein seltsames Lächeln im Gesicht.

Ich hatte in der Dunkelheit der letzten Nacht etwas gefunden. Etwas, das in der Trance durch die Unterkühlung zu mir kam. Etwas, das immer noch bei mir war, als ich die beiden auf ihrem Weg über das Eis kleiner werden sah. Es war die unmögliche Erfahrung von Leben, das selbst unter den härtesten Bedingungen weiterlebt. Es war genau hier. In den Bergen und den Bäumen und dem Himmel. Was ich in der gefrorenen Tundra des Nordens gefunden hatte, war die Wärme des Lebens, das in der Stille zwischen zwei Herzschlägen lebt und geduldig auf den Frühling wartet, der die Flügel taut und das Leben zurück in die Glieder fließen lässt. In diesem Moment fühlte ich mich gedemütigt und gesegnet, am Leben zu sein. Als ich mich umdrehte, um zurück in die warme Hütte zu gehen, konnte ich meinen nächsten Besuch in Lappland kaum erwarten.

Verwendete Ausrüstung