Jagd auf Tahr in Neuseeland

Wenn einfach alles passt

Die Jagd mancher Tiere gilt als besondere Herausforderung. Die Tahr-Jagd in den Bergen der Südinsel Neuseelands zählt zweifellos dazu. Seitdem die Ziegenart aus dem Himalaya 1904 nach Neuseeland eingeführt wurde, fühlt sie sich in der rauen und bergigen Region rund um den Mount Cook sehr wohl und hat sich inzwischen auf vielen Berggipfeln und in zahlreichen Tälern der südlichen Alpen angesiedelt.

Ihr dickes Fell schützt sie vor dem rauen Gebirgsklima, und dank ihrer Fähigkeit, fast senkrechte Felswände erklimmen zu können, ist sie oft an Orten anzutreffen, die nur per Hubschrauber zu erreichen sind oder die beschwerliche Wanderungen auf steilen Berghängen erfordern. Das macht die Tahr-Jagd zu einer wahren Herausforderung, und jeder Jäger, der es schafft, eine Trophäe zu ergattern, darf zurecht stolz auf diese Leistung sein. Das war mir voll und ganz bewusst.

Deshalb war es fast ein Schock für mich, auf einem Berghang durch mein V8 zu blicken und einen wunderschönen Tahr-Bullen vor mir zu sehen. Wir waren an diesem Morgen gerade erst aufgebrochen. Erwartet hatte ich eine lange und strapaziöse Tour über spitze Felsen und loses Schiefergestein, in der Hoffnung, irgendwann die richtige Position zu finden, um einen Blick auf den wachsamen Tahr zu erhaschen. Doch plötzlich kam der große Bulle – wie ein Rehbock, der in einem weit entfernten europäischen Wald auf eine Lichtung tritt – über den Bergkamm auf uns zu.

Als er von einem Felsen zum nächsten sprang, sahen wir, dass er lahmte und sich wahrscheinlich verletzt hatte, vielleicht im Kampf mit anderen Bullen um die Rangordnung in der Herde. Als ich ihn mir durch mein Victory SF näher anschaute, bemerkte ich die auffallend langen Spitzen seiner Hörner – er war wirklich ein Prachtexemplar.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte ein paar harte und ziemlich erfolglose Wochen der Rotwildjagd hinter mir. Doch hier war ich nun, wie gebannt vor dem prächtigen Tahr, der auf uns zukam. Und das nach einer Wanderung, die mir wie ein kurzer morgendlicher Spaziergang in den Bergen vorkam. Diese Chance wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen, also brachte ich mich auf meinem Rucksack in eine gute und stabile Position. Jetzt galt es, auf den richtigen Moment für den Blattschuss zu warten.

Wenn man so eine Gelegenheit bekommt, besteht immer das Risiko, dass man übermütig wird und in letzter Sekunde noch etwas schiefgeht.

David Carsten Pedersen

Der Bulle kam immer näher, doch plötzlich hielt er inne, drehte seinen Kopf und blickte uns direkt an. Vielleicht hatte er unsere Witterung aufgenommen. Vielleicht hatte ihn sein langes Leben in den Bergen aber auch einfach gelehrt, immer auf der Hut zu sein. Ich wusste, dass ich nah genug an ihm dran war, und wollte nicht abwarten, ob er stehen bleiben oder weglaufen würde, also drückte ich sanft auf den Abzug der Sauer 404. Der empfindliche Abzug löste präzise aus, und trotz des Rückstoßes der .300 Win Mag konnte ich ganz klar sehen, wie der Schuss direkt hinter dem Vorderlauf des Tieres landete.

Als ihn die Kugel traf, machte der Bulle einen großen Sprung nach vorn und sprintete den Berghang hinab. Und dann war er weg. Als hätte ihn das hohe, feste Gras einfach verschluckt. Von unserer Begegnung zeugten nur noch die Patronenhülse auf dem Boden und das Geräusch des Schusses, das immer noch durch das Tal hallte. „Das war ja der Wahnsinn!“ Meinem Jagdkumpel Ulrik war anzusehen, dass er genauso glücklich war wie ich. Er hatte bereits Tahrs gejagt und wusste genau, dass wir gerade riesiges Glück gehabt hatten – wahrscheinlich mehr Glück, als wir verdienten.

Doch als wir losgingen, um den Tahr zu suchen, sprachen wir über all die Dinge, die passen mussten, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Je mehr wir darüber sprachen, desto überzeugter waren wir, dass Glück gar nicht so viel damit zu tun hatte. Wir hatten unsere Hausaufgaben gemacht und einen ausgezeichneten Guide gefunden, der uns ein Gebiet mit sehr vielen Tahrs gezeigt hatte. Wir hatten wochenlang in den Bergen und Wäldern der Südinsel trainiert und waren nun fit genug, um uns ohne Probleme über das Schiefergestein zu bewegen. Wir hatten die richtige Ausrüstung für die raue Bergwelt dabei: ein Fernglas und ein Zielfernrohr, mit denen selbst kleinste Details herausstachen, ein Gewehr mit einer größeren Reichweite, als wir sie jemals benötigen würden, und eine Tarnung, die uns praktisch unsichtbar machte – selbst für das scharfe Auge des Tahrs.

Dieser Kombination aus Recherche, Vorbereitung und der richtigen Ausrüstung hatten wir unsere scheinbar einfache Jagd zu verdanken. Glück war nur, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Wir fanden den Tahr weniger als einhundert Meter von der Stelle entfernt, an der er verschwunden war. Sein prächtiger Kopf ruhte im Gras und sein Fell roch nach Gebirge und Nebel. „Jetzt kommt der anstrengende Part“, sagte Ulrik mit einem breiten Grinsen. „Wer ihn schießt, muss ihn auch tragen“, sagte er und grinste von einem Ohr zum anderen. Manchmal führt an der Schufterei eben doch kein Weg vorbei.

Probieren Sie es selbst aus

JAGEN IN NEUSEELAND

In Neuseeland zu jagen, ist für jeden abenteuerlustigen Jäger ein einmaliges Erlebnis. Es ist einer der wenigen Orte weltweit, an denen Jäger aus dem Ausland ohne Führer auf öffentlichem Grund jagen dürfen. Ein Waffenschein und eine Jagdgenehmigung sind einfach zu bekommen und können online auf der Homepage der Naturschutzbehörde DOC oder bei der örtlichen Polizeiwache oder DOC-Außenstelle beantragt werden. Beachten Sie jedoch, dass das Jagen auf öffentlichem Grund körperlich anstrengend und ohne Erfahrung und die richtige Vorbereitung auch gefährlich sein kann. Für ausländische Jäger, die das Beste aus ihrem Aufenthalt in Neuseeland herausholen wollen, ist die Buchung eines einheimischen Guides eine einfache und empfehlenswerte Option. Zeit mit den Einheimischen zu verbringen und von der langjährigen Erfahrung und den Fähigkeiten der Kiwis zu lernen, ist oft ein ebenso unvergessliches Erlebnis wie die Jagd selbst. Es besteht auch die Möglichkeit, auf großen Privatgrundstücken zu jagen. Die körperlichen Anforderungen sind dabei meist weniger hoch, doch die Jagd kann für Jäger auf der Suche nach einem ganz besonderen Erlebnis in Neuseeland dennoch eine einzigartige Herausforderung darstellen.

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