Jagd auf Tahr in Neuseeland

Wenn einfach alles passt

Die Jagd mancher Tiere gilt als besondere Herausforderung. Die Tahr-Jagd in den Bergen der Südinsel Neuseelands zählt zweifellos dazu. Seitdem die Ziegenart aus dem Himalaya 1904 nach Neuseeland eingeführt wurde, fühlt sie sich in der rauen und bergigen Region rund um den Mount Cook sehr wohl und hat sich inzwischen auf vielen Berggipfeln und in zahlreichen Tälern der südlichen Alpen angesiedelt.

Ihr dickes Fell schützt sie vor dem rauen Gebirgsklima, und dank ihrer Fähigkeit, fast senkrechte Felswände erklimmen zu können, ist sie oft an Orten anzutreffen, die nur per Hubschrauber zu erreichen sind oder die beschwerliche Wanderungen auf steilen Berghängen erfordern. Das macht die Tahr-Jagd zu einer wahren Herausforderung, und jeder Jäger, der es schafft, eine Trophäe zu ergattern, darf zurecht stolz auf diese Leistung sein. Das war mir voll und ganz bewusst.

Deshalb war es fast ein Schock für mich, auf einem Berghang durch mein V8 zu blicken und einen wunderschönen Tahr-Bullen vor mir zu sehen. Wir waren an diesem Morgen gerade erst aufgebrochen. Erwartet hatte ich eine lange und strapaziöse Tour über spitze Felsen und loses Schiefergestein, in der Hoffnung, irgendwann die richtige Position zu finden, um einen Blick auf den wachsamen Tahr zu erhaschen. Doch plötzlich kam der große Bulle – wie ein Rehbock, der in einem weit entfernten europäischen Wald auf eine Lichtung tritt – über den Bergkamm auf uns zu.

Als er von einem Felsen zum nächsten sprang, sahen wir, dass er lahmte und sich wahrscheinlich verletzt hatte, vielleicht im Kampf mit anderen Bullen um die Rangordnung in der Herde. Als ich ihn mir durch mein Victory SF näher anschaute, bemerkte ich die auffallend langen Spitzen seiner Hörner – er war wirklich ein Prachtexemplar.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte ein paar harte und ziemlich erfolglose Wochen der Rotwildjagd hinter mir. Doch hier war ich nun, wie gebannt vor dem prächtigen Tahr, der auf uns zukam. Und das nach einer Wanderung, die mir wie ein kurzer morgendlicher Spaziergang in den Bergen vorkam. Diese Chance wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen, also brachte ich mich auf meinem Rucksack in eine gute und stabile Position. Jetzt galt es, auf den richtigen Moment für den Blattschuss zu warten.

Wenn man so eine Gelegenheit bekommt, besteht immer das Risiko, dass man übermütig wird und in letzter Sekunde noch etwas schiefgeht.

David Carsten Pedersen

Der Bulle kam immer näher, doch plötzlich hielt er inne, drehte seinen Kopf und blickte uns direkt an. Vielleicht hatte er unsere Witterung aufgenommen. Vielleicht hatte ihn sein langes Leben in den Bergen aber auch einfach gelehrt, immer auf der Hut zu sein. Ich wusste, dass ich nah genug an ihm dran war, und wollte nicht abwarten, ob er stehen bleiben oder weglaufen würde, also drückte ich sanft auf den Abzug der Sauer 404. Der empfindliche Abzug löste präzise aus, und trotz des Rückstoßes der .300 Win Mag konnte ich ganz klar sehen, wie der Schuss direkt hinter dem Vorderlauf des Tieres landete.

Als ihn die Kugel traf, machte der Bulle einen großen Sprung nach vorn und sprintete den Berghang hinab. Und dann war er weg. Als hätte ihn das hohe, feste Gras einfach verschluckt. Von unserer Begegnung zeugten nur noch die Patronenhülse auf dem Boden und das Geräusch des Schusses, das immer noch durch das Tal hallte. „Das war ja der Wahnsinn!“ Meinem Jagdkumpel Ulrik war anzusehen, dass er genauso glücklich war wie ich. Er hatte bereits Tahrs gejagt und wusste genau, dass wir gerade riesiges Glück gehabt hatten – wahrscheinlich mehr Glück, als wir verdienten.

Doch als wir losgingen, um den Tahr zu suchen, sprachen wir über all die Dinge, die passen mussten, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Je mehr wir darüber sprachen, desto überzeugter waren wir, dass Glück gar nicht so viel damit zu tun hatte. Wir hatten unsere Hausaufgaben gemacht und einen ausgezeichneten Guide gefunden, der uns ein Gebiet mit sehr vielen Tahrs gezeigt hatte. Wir hatten wochenlang in den Bergen und Wäldern der Südinsel trainiert und waren nun fit genug, um uns ohne Probleme über das Schiefergestein zu bewegen. Wir hatten die richtige Ausrüstung für die raue Bergwelt dabei: ein Fernglas und ein Zielfernrohr, mit denen selbst kleinste Details herausstachen, ein Gewehr mit einer größeren Reichweite, als wir sie jemals benötigen würden, und eine Tarnung, die uns praktisch unsichtbar machte – selbst für das scharfe Auge des Tahrs.

Dieser Kombination aus Recherche, Vorbereitung und der richtigen Ausrüstung hatten wir unsere scheinbar einfache Jagd zu verdanken. Glück war nur, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Wir fanden den Tahr weniger als einhundert Meter von der Stelle entfernt, an der er verschwunden war. Sein prächtiger Kopf ruhte im Gras und sein Fell roch nach Gebirge und Nebel. „Jetzt kommt der anstrengende Part“, sagte Ulrik mit einem breiten Grinsen. „Wer ihn schießt, muss ihn auch tragen“, sagte er und grinste von einem Ohr zum anderen. Manchmal führt an der Schufterei eben doch kein Weg vorbei.

Probieren Sie es selbst aus

JAGEN IN NEUSEELAND

In Neuseeland zu jagen, ist für jeden abenteuerlustigen Jäger ein einmaliges Erlebnis. Es ist einer der wenigen Orte weltweit, an denen Jäger aus dem Ausland ohne Führer auf öffentlichem Grund jagen dürfen. Ein Waffenschein und eine Jagdgenehmigung sind einfach zu bekommen und können online auf der Homepage der Naturschutzbehörde DOC oder bei der örtlichen Polizeiwache oder DOC-Außenstelle beantragt werden. Beachten Sie jedoch, dass das Jagen auf öffentlichem Grund körperlich anstrengend und ohne Erfahrung und die richtige Vorbereitung auch gefährlich sein kann. Für ausländische Jäger, die das Beste aus ihrem Aufenthalt in Neuseeland herausholen wollen, ist die Buchung eines einheimischen Guides eine einfache und empfehlenswerte Option. Zeit mit den Einheimischen zu verbringen und von der langjährigen Erfahrung und den Fähigkeiten der Kiwis zu lernen, ist oft ein ebenso unvergessliches Erlebnis wie die Jagd selbst. Es besteht auch die Möglichkeit, auf großen Privatgrundstücken zu jagen. Die körperlichen Anforderungen sind dabei meist weniger hoch, doch die Jagd kann für Jäger auf der Suche nach einem ganz besonderen Erlebnis in Neuseeland dennoch eine einzigartige Herausforderung darstellen.

Verwendete Ausrüstung

Eine Jagdreise für den Auerhahn

Im Herzen des Winters.

Eine Reise zur Jagd nach Auerhähnen in den fernen Norden Skandinaviens wird zu einem Selbstfindungstrip für den ZEISS Jagdbotschafter David Carsten Pedersen.

„Es war sehr gut, mit dir zu jagen.“ Diese Aussage kam von einem der besten Jäger, den ich je getroffen habe. Dieser Mann war Tommy Holmberg, der legendäre Jagdführer aus dem schwedischen Lappland, der es einmal mit einem menschenfressenden Bären aufgenommen hatte. Wir hatten es uns beide neben einem kleinen Holzofen gemütlich gemacht und waren müde nach einigen harten und erfolgreichen Tagen Elchjagd. In den paar Tagen gemeinsamen Jagens waren wir gute Freunde geworden und sein Lob bedeutete mir viel mehr als ihm meiner Meinung nach bewusst war. „Aber du musst im Winter zurückkommen für die Auerhahnjagd. Das ist wirklich etwas Besonderes. Da lernst du tatsächlich die Seele des schwedischen Lapplands kennen.“ Im Wissen, dass ich den nächsten Tag zurück nach Hause kehren musste, war ich sehr begeistert von der Idee zukünftiger Abenteuer.

„Es ist allerdings keine leichte Jagd.“ Er sagte dies im speziellen Dialekt Nordschwedens. „Du jagst auf hölzernen Ski. Du schießt sehr weit. Und es kann wirklich kalt werden.“ Er sagte dies mit der gleichen Selbstverständlichkeit in seiner Stimme, mit der er auch über alles andere sprach. In Lappland verschwenden die Leute keine unnötigen Wörter. Wenn Tommy also sagte, dass es eine gute Jagd war, dann war es auch so. Und natürlich sagte ich ihm, dass ich zurückkehren würde. Zu diesem Zeitpunkt hätte Tommy mir vorschlagen können in eine Bärenhöhle zu kriechen und eine schlafende Bärin zu umarmen und ich hätte es ohne Zögern getan. Ich konnte nur noch daran denken, an diesem Ort über dem nördlichen Polarkreis zurückzukehren und den königlichen Waldvogel zu jagen: Der schwedische Auerhahn.

Es wird sehr kalt, mein Freund. Du stellst besser die richtigen Temperaturen ein.

David Carsten Pedersen

Ein paar Jahre später war ich mit meinem guten Freund Nikolaj auf dem Schießplatz. Wir hatten geplant, Tommy in Lappland für die Auerhahnjagd zu besuchen. Und wir erwarteten einige Schüsse auf große Distanz bei extremen Temperaturen.

Im Moment waren wir dabei die Auswirkung der Temperaturen auf die Ballistik der Geschosse zu diskutieren. „Die Kugel verliert etwa 0,3 TS pro 20 Grad Unterschied, mehr oder weniger, also berechnen wir das besser mit ein“, sagte Nikolaj mir während wir die ASV+ für die geplante Jagd einrichteten. „Und für mich sieht es danach aus, als würde es verdammt kalt werden, mein Freund“, sagte er mit einem Lächeln. Der Wetterbericht sagte voraus, dass die Temperaturen tagsüber auf -20 Grad sinken würden. Das würde mindestens 30 Grad Unterschied zu den relativ warmen Temperaturen auf dem Schießplatz ausmachen.

Wir waren beide schon in Lappland gewesen und daran gewöhnt, unter schwierigen Bedingungen zu jagen. Mit Wolle und vielen Lagen Kleidung im Gepäck machten wir uns keine Sorgen zu frieren. Und nach Bestätigung der Ballistik mit der ZEISS Hunting App waren wir zuversichtlich, dass wir jede Möglichkeit auf einen guten Schuss ergreifen könnten; selbst bei so relativ kleinen Zielen wie den Lebenszeichen eines Auerhahns auf große Reichweite. Jetzt mussten wir nur noch all unsere Sachen fertig packen und uns auf vier Tage oberhalb des nördlichen Polarkreises vorbereiten.

Willkommen zurück im schwedischen Lappland, meine Freunde!

Der kleine glatzköpfige Mann mit dem langen Bart und der weiten Kleidung begrüßte uns mit einer bärigen Umarmung sobald wir den Flughafen in Luleå betraten. Mit leuchtenden Augen und einem breiten Grinsen war Tommy Holberg genauso beeindruckend wie ich mich an ihn von meinem letzten Besuch im schwedischen Lappland erinnerte. „Ich weiß nicht, ob ihr euch den Wetterbericht angesehen habt, Jungs. Aber es wird wirklich kalt.“ Er fuhr fort in einem Tonfall, den ich von ihm noch nicht gehört hatte. Etwas war los. Als wir in seinem großen Highlux aus dem Flughafen fuhren, gerieten wir direkt in einen Stau. Eine Herde Rentiere blockierte die Straße vor uns. Jedes Auto bremste beim Passieren der friedlichen Tiere auf Kriechgeschwindigkeit ab.

„Ich hoffe wirklich, dass es nur bei etwa -20 Grad bleiben wird“, sagte Tommy im gleichen Tonfall wie zuvor. „Aber es sieht so aus, als würde es deutlich kälter werden. Vielleicht sogar bis -30 Grad. Wir hätten Glück, wenn wir ein oder zwei Vögel erwischen. Aber ich muss euch sagen, dass wir eventuell nicht einen Vogel sehen werden.“ Auf der Fahrt zu unserem Ziel auf der gefrorenen Autobahn unterhielten wir uns darüber.

Bei zu kalten Temperaturen würden die Vögel ihre Verstecke nicht verlassen, um in den Baumkronen zu essen, sondern unter dem Schnee bleiben, ihre Wärme bewahren und auf mildere Tage warten. Die einzige Möglichkeit sie zu entdecken ist nach Spuren im Schnee, Luftlöchern und Mist zu suchen und sie dann aus ihren Höhlen zu treiben. Es sah nach einigen harten Tagen auf Ski aus. Im warmen Auto hatten wir keine Vorstellung davon, wie hart es tatsächlich werden würde.

Auf der Suche nach Vögeln in einem Kühlschrank.

Wir liefen mit unseren Ski so leise wie möglich durch die gefrorene Landschaft. Nach fast einem ganzen Tag auf den langen Holzski entdeckten wir endlich Auerhahnmist unter dem Schnee und die Spuren von Flügeln, wo einer zum Flug angehoben hatte. Jetzt versuchten wir herauszufinden, wo er gelandet war. Und vielleicht sogar eine Gelegenheit für einen Schuss zu erlangen.
Falls du noch nie versucht hast Auerhähne zu jagen: Die Technik ist eigentlich ziemlich simpel. Du ziehst dir ein Paar sehr lange hölzerne Ski mit Spitzen an, die durch die vereiste obere Schicht des Schnees schneiden. Dann läufst du durch Wald, Moore und Hügel und versuchst die Vögel zu entdecken, wenn diese Tannennadeln essen. Du jagst nur nach Männchen und verbringst sehr viel Zeit damit die Baumlinie nach ihren großen schwarzen Silhouetten abzusuchen. Wenn du einen entdeckst, versuchst du, dich in Schussweite zu begeben, ohne dass der Vogel dich entdeckt. Der Schuss wird oft aus liegender Position vom Schnee abgegeben, über Reichweiten von 200 Metern und aufwärts. Das klingt alles sehr einfach. Bis du es in der Realität tun musst.

Falls du nicht gerade ein Einwohner des nördlichen Skandinaviens bist, ist es wahrscheinlich, dass du nicht sehr viel Erfahrung mit den sehr langen hölzernen Langlaufski der Sami hast. Dazu die Tatsache, dass überall etwa 1,5 Meter hoher Pulverschnee ist, du dicht bewaldete Hügel und Flüsse überqueren musst und du fängst an eine Vorstellung davon zu haben, wie physisch anstrengend diese Jagd wirklich ist. Und dann ist da ja die Geschwindigkeit. Um in den kurzen Wintertagen eine gute Jagd zu schaffen, musst du mit den Ski hart und schnell fahren. Nach den ersten 200 Metern beginnst du stark zu schwitzen. Wenn du deine Temperatur nicht regulierst, wirst du nass und riskierst Unterkühlung. Wenn du Lagen deiner Kleidung entfernst, musst du die bisherige Geschwindigkeit halten oder du läufst Gefahr wieder zu frieren. Eine Pause zu machen bedeutet immer, mehr Kleidung anzuziehen. Eine Skibindung oder gar ein Bein zu brechen, kann zum Tode führen. Kurz gesagt: Es ist nicht so einfach wie es klingt. Aber wir hatten sehr viel Spaß.

„Ich glaube, er könnte dorthin geflogen sein. Ihr geht links um das Moor und ich rechts. Gebt mir ein Signal, wenn ihr etwas seht“, erklärte Tommy mit der gleichen Sicherheit, mit der er uns bereits den ganzen Tag geführt hatte. Wenn es auch nur einen Vogel in dieser gewaltigen gefrorenen Landschaft gab, würde er ihn sicher finden. In vollstem Vertrauen glitten Nikolaj und ich fort durch die Bäume und brachen rauschend durch die Oberfläche. Der Sonnenuntergang war nach nur ein paar kalten Stunden Tageslicht schon im Gange. Als wir später für eine Zwischenmahlzeit aus Nüssen und Schokolade anhielten, überprüften wir unsere Thermometer. Die Temperatur war auf -32 Grad gesunken. Und außer dem Misthaufen hatten wir keinerlei Lebenszeichen gesehen.

„Ich war noch nie an einem so toten Ort“, dachte ich bei mir als wir eine weitere Baumlinie absuchten und versuchten einen Vogel heraufzubeschwören. Es ist wie auf einem anderen Planeten, einem wunderschönen toten Planeten mit organischem Siliziumdioxid in Form von Bäumen, der mit einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Nichts bewegte sich. Nicht einmal der Wind. Alles war gefroren und still. Die einzige Wärmequelle in diesem riesigen Tiefkühlschrank waren drei Männer, die sich durch den Schnee in die Berge arbeiteten, auf der Suche nach einem Vogel, der vielleicht niemals da war.

Als die Sonne am zweiten Tag unterging, waren die Temperaturen auf -38 Grad gesunken. Wir waren den ganzen Tag angestrengt auf Ski unterwegs gewesen und saßen nun auf unseren Ski im Schnee, aßen unsere heiße Rentiersuppe und freuten uns über unsere dicken Jacken, bevor wir auf den Ski zu den Hütten zurückkehren würden. Wir hatten den ganzen Tag nichts gesehen. Nicht ein einziges lebendiges Tier. Nur das riesige weiße Ödland aus Eis und Schnee. Wir hatten noch mindestens 7 Kilometer Ski vor uns, bevor wir ankommen würden. Bis dahin würde die Sonne untergegangen sein und wir würden im Schein unsere Stirnlampen laufen.

Die Stimmung war gut, aber die Temperaturen fingen an, mir zu schaffen zu machen. Es war fast physisch. Eine harte Kälte, die in der Nase bei jedem Atemzug stach und die Wärme aus allem sog. Unsere Bärte waren gefroren und wir hatten Eis in den Wimpern. Während ich meine warme Suppentasse umarmte, konnte ich den Vögeln nicht vorwerfen, dass sie sich unter dem Schnee versteckten. Alles, was sich nach draußen wagte, würde sterben. Selbst Tommy machte die Kälte offensichtlich zu schaffen. Wir mussten zurück auf die Ski, um uns auf den Heimweg zu machen.
Und dann wurde es plötzlich ernst. Es begann in meinen Zehen. Ich hatte immer eine schlechte Durchblutung in meinen Füßen. Also war ich es  gewöhnt, kein Gefühl in meinen Zehen zu haben. Aber egal, was ich auch versuchte, ich konnte sie nicht warm bekommen.

Zunächst habe ich nicht darüber nachgedacht. Es begann als eine kriechende Kälte, die sich durch meine Füße und hoch in meinen Körper arbeitete. Stück für Stück breitete sich die Kälte überall aus. Ich konnte mich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Sie war überall. Ich wusste, dass ich auf dem Weg nach Hause war. Ich musste nur ruhig bleiben und einen Ort in mir finden, an dem ich warm bleiben könnte. Und dann wäre ich zu Hause. Also habe ich genau das getan. Im Dunkel der Winternacht, mit kaltem weißen Mondschein über dem gefrorenen Wald, ging ich in mich und fand eine Wärmequelle. Es fühlte sich an als würde ich meinen Körper verlassen und mich von außen betrachten. Um mich herum war das Gefühl des Waldes, der Hügel und der Seen. Ich wusste, dass ich bis auf die Knochen ausgekühlt war. Aber aus irgendeinem Grund war mir warm. Und ich lachte.

Im Herzen des Winters.

Als wir an der Hütte ankamen, stolperte ich fast durch die Tür. Das Feuer war heiß und das Essen warm. Aber egal, was ich auch versuchte, meine Füße fühlten sich an wie Eiszapfen. All meine Zehen waren weiß und die Spitze von einem hatte begonnen sich blau zu färben.

„Du gehst heute nicht raus, mein Freund“, sagte Tommy ernst. Während der Nacht hatte mein Zeh angefangen, sich blau zu färben. Es gab keinen Weg an der Erkenntnis vorbei. Ich hatte eine Erfrierung. „Du wirst den Zeh verlieren, wenn du nach draußen gehst“, wiederholte er. Todernst. Wenn ein Mann wie Tommy dir von einem Risiko abrät, hörst du auf ihn. So einfach ist das. Aber so traurig wie ich auch war Nikolaj und Tommy für einen weiteren Tag auf Ski gehen zu sehen, hatte ich doch ein seltsames Lächeln im Gesicht.

Ich hatte in der Dunkelheit der letzten Nacht etwas gefunden. Etwas, das in der Trance durch die Unterkühlung zu mir kam. Etwas, das immer noch bei mir war, als ich die beiden auf ihrem Weg über das Eis kleiner werden sah. Es war die unmögliche Erfahrung von Leben, das selbst unter den härtesten Bedingungen weiterlebt. Es war genau hier. In den Bergen und den Bäumen und dem Himmel. Was ich in der gefrorenen Tundra des Nordens gefunden hatte, war die Wärme des Lebens, das in der Stille zwischen zwei Herzschlägen lebt und geduldig auf den Frühling wartet, der die Flügel taut und das Leben zurück in die Glieder fließen lässt. In diesem Moment fühlte ich mich gedemütigt und gesegnet, am Leben zu sein. Als ich mich umdrehte, um zurück in die warme Hütte zu gehen, konnte ich meinen nächsten Besuch in Lappland kaum erwarten.

Verwendete Ausrüstung

Über Jagdhunde Teil 1: Schwere Entscheidung

David Carsten Pedersen über das Großziehen seines Jagdhundes „Mille“

Doch mit dem letzten Atemzug des letzten Hundes meiner Eltern (ein schwarzer Labrador namens Fenja) endete die Hundeära. Für mehr als zehn Jahre blieb unsere Familie hundelos. Kein Pfotengetrippel. Kein Morgengruß mittels feuchter Nasen. Kein öliger Fellgeruch im Auto nach einem langen, anstrengenden Tag auf dem Feld.

Das Leben ohne Hund war allerdings keine bewusste Entscheidung gewesen. Irgendwie ergab es sich so. Wir sagten uns immer wieder, dass, so, wie wir lebten, ein Hund einfach nicht praktisch sei. Zu viel Arbeit. Zu viele Reisen. Zu wenig Platz. Zu wenig Zeit. Die meisten Jäger, die in Städten leben, werden wissen, was ich meine. Unsere Leben sind nicht für Hunde gemacht. So sagen wir es uns jedenfalls und erfinden Ausreden. Aber keine ist wirklich überzeugend. Wir brauchen unsere Hunde einfach.

Dieses Jahr beschloss ich nun endlich, das Wagnis auf mich zu nehmen und mir den Hund zu holen, den ich immer vermisst habe. Dieser Blog-Post ist der erste in einer Reihe von Kurzgeschichten über mich, meinen Hund und all den Dingen, die du im Umgang mit einem Welpen lernst und die du ihm beibringen solltest, um ihm zum Hund deiner Träume zu machen.

Momente der Frustration werden nicht ausbleiben. Ebenso Strapazen und Selbstzweifel. Es wird von der einen oder anderen schönen Frau die Rede sein und von der Mühsal, mit einem Hund in der Stadt zu leben, den jeder streicheln will. Ihr werdet von Abenteuern und Action erfahren. Und davon, wie es ist, seinen Hund in einer Radioshow zu haben. Möglicherweise auch Geschichten von kleinen Pfützen in Fluren. Alles in allem wird es eine Reihe über das Leben mit Hund sein. Und darüber, dass es ohne Hund nie wieder so sein wird wie früher.

Es gibt ein dänisches Jägersprichwort: „Kein Jäger ohne Hund!“

DAVID CARSTEN PEDERSEN

„Da ist sie. Das ist Mille.“

Wie eine Mutter, die ihr Kind wiegt, hielt meine Frau den schlafenden Welpen in ihrem Schoß. Sie saß in der zwischen zwei großen Walnussbäumen gespannten Hängematte und wiegte sanft das Hündchen, auf das sie mit der Wärme eines Sommertags hinabsah.

Wir waren beim Züchter unseres zukünftigen Hundes und mussten uns für einen der acht kleinen Labrador-Babies entscheiden. Schon viele Male vorher waren wir da gewesen und hatten mit Vergnügen verfolgen können, wie sich die kleinen Fellknäuele zu herumpurzelnden Kleinkindern mit übergroßen Ohren, Beinen und Pfoten mauserten.

Oh, die Pfoten! Es gibt nichts Süßeres als die Pfoten eines Welpen. Na ja, vielleicht die Augen. Oder die Ohren. Oder…egal. An einem Welpen ist alles süß. Das ist einfach ihr wichtigster Überlebensmechanismus. Dadurch wird die Wahl jedem wirklich zur Qual: Welcher Welpe ist der RICHTIGE?

Natürlich hatte ich sämtliche Bücher gelesen und Fachleute um Rat gefragt. Ein paar Tipps zum Finden des perfekten Suchhundes hatte ich sogar von der Polizei gehört. „Nimm nicht den Kleinsten oder den Bully.“ „Roll einen Ball und guck, ob sie Interesse zeigen.“ „Nimm nicht den, den der Züchter los werden will, sondern den, den er behalten will.“

An einem Welpen ist alles süß. Das ist einfach ihr wichtigster Überlebensmechanismus.

So viele unterschiedliche Ratschläge, die doch alle nichts halfen. Zumal wir dem Züchter blind vertrauten. Mein Vater und er kannten sich schon über 30 Jahre. Seine Familie war großartig im Umgang mit den Jungtieren, und das Verhalten seiner eigenen Hunde ließ darauf schließen, dass er sich mit Zucht und Training eines ganz unseren Wünschen entsprechenden Hundes auskannte. Er ließ uns sogar die erste Wahl. Danach erst würde er sein Tier aussuchen.

Außerdem ließ sich nicht sagen, welcher der Welpen der Kleinste und welcher der Bully war. Alle Tiere waren sehr willig, wachsam und konzentriert. Alle wollten sie gestreichelt werden und scheuten niemals vor menschlichem Kontakt. Es gab keinen „schlechten Welpen“, den wir hätten meiden müssen. Jeder der Hunde würde, gute Pflege vorausgesetzt, ein toller Hund sein. Und das war genau das Problem. Wir hatten uns noch immer nicht entschieden. Ich war ratlos.

Wie wählst du deinen zukünftigen besten Freund aus? Am Ende war es der Hund, der uns wählte! Sie holte Stöckchen. Sie fraß und balgte mit ihren Geschwistern. Doch dann lief sie zu meiner Frau hinüber, kuschelte sich an sie und schlief ein. Ein erstes Zeichen des Vertrauens. Wir konnten nicht anders als es zu erwidern.

Über Jagdhunde Teil 3: Welpenliebe

David Carsten Pedersen über das Großziehen seines Jagdhundes „Mille“

Menschen sind für sie potentielle Streichelmaschinen, und sie reagiert auf jeden so, als könne es der Beginn einer großen Freundschaft sein.

David Carsten Pedersen

„Dürfen wir Ihren Hund…“ Ja, natürlich. Mille genießt die Streicheleinheiten und freundliche Beachtung, die ihre Angst vor der großen Stadt und dem Lärm mindern. Ich hatte gedacht, dass das Leben in der Betonwüste sie mehr stressen würde. So geht es mir jedenfalls. Ich sehne mich nach Wald und offenem Raum. Mille, aber, fühlt sich in der Großstadt offensichtlich pudelwohl. Sirenen machen ihr nichts aus. Autos bringen sie nicht aus der Ruhe. Menschen sind für sie potentielle Streichelmaschinen, und sie reagiert auf jeden so, als könne es der Beginn einer großen Freundschaft sein. Keine schlechte Lebenseinstellung, denke ich. Und über meinen Hund erlebe ich Leute in der gleichen Art und Weise. Zugegeben, ich empfange weit weniger Liebkosungen von Fremden als mein Hündchen.

Dass sie mein Hündchen vorziehen, kann man wirklich niemandem verdenken. Dafür komme ich in den Genuß netter Unterhaltungen. Als Hundbesitzer in der Stadt erfährt man schnell von der großen Sehnsucht nach dem Hund: So viele erzählen dir von dem Hund, den sie mal hatten oder von dem Hund, den sie nicht mitnehmen konnten, oder vom Traum, irgendwann einen Hund zu haben. Mitteilungsbedürfnis und Streichelbedürfnis halten sich bestens die Waage, so scheint mir. Man tauscht Anekdoten aus, erfreut sich an der Gesellschaft des anderen für einen Augenblick, trennt sich und geht weiter. Man ist einen Funken glücklicher und denkt sich: So schlecht ist die Menschheit nicht. Sofern man sie mit den Augen eines Hundes betrachtet.

Dieser Bock sollte, so hatte ich beschlossen, der erste Bock sein, an dem sich der Hund versuchen sollte.

David Carsten Pedersen

„Komm her!“. Die schwere Maschine grummelte wie ein schlafender Bär. Der Hund war neun Wochen alt und wollte absolut nichts damit zu tun haben. „Komm, Mille! Ich zeig‘ dir ‚was Tolles.“ Sie kämpfte mit dem Drang, bei mir sein zu wollen und der Furcht vor dem großen, vierräderigen Fahrzeug. Ungläubig schaute sie mich an. „Auf das Ding gehe ich niemals!“ vermittelte sie mit jeder Faser ihres kleinen Körpers. Ich, aber, wollte nichts davon wissen. Ich hob sie behutsam hoch und setzte sie auf meinen Schoß. Mit einer Hand auf dem Hund, der anderen am Gas brachte ich die Maschine in Bewegung und rollte langsam los. Dem Blick meines Hundes nach zu urteilen, hielt sie mich für völlig verrückt. Doch ich wusste, dass sie ihre Meinung bald ändern würde. Ich hatte ihr etwas zu zeigen.

Dreißig Minuten vorher hatte ich am Waldrand gestanden und einem kleinen Rehbock zugesehen, wie er alles Blattwerk im Umkreis von dreißig Metern abgraste. „Ich hätte den Bogen mitbringen sollen“, war mein erster Gedanke, aber mir war bis zum Einsetzen der Dunkelheit nicht genug Zeit geblieben. Stattdessen hatte ich mein Gewehr mitgenommen und war, glücklich wie ein Pfadfinder, im schwachen Licht durch den Wald gepirscht. Bald erspähte ich in einem Baum nur zehn Meter entfernt ein großes Ohreulen-Junges. Vermutlich hatte es das allererste Mal das Nest verlassen. Es schaute etwas verwirrt zu mir hinüber, während ich weiter durch den dunkelnden Wald schlich. Der Rehbock hatte auf einer Lichtung, fünfzig Meter entfernt, auf mich gewartet. Ein kleines Tier. Ein Jährling, an dem nicht viel dran war und das ideale Tier, aus dem Genpool herauszunehmen. Ich wusste um die Überzahl der Rehe. Mir war klar, dass ohne dieses Tier der Kampf um Futter in dieser Region des Waldes leichter werden würde. Es war die richtige Entscheidung, ihn zu erlegen.

Mit einem sauberen Schuss brachte ich das Tier zur Strecke und legte es unter die Fichte, an der es kurz zuvor noch geknabbert hatte. Dieser Bock sollte, so hatte ich beschlossen, der erste Bock sein, an dem sich der Hund versuchen sollte. Ein kleiner Bock für einen kleinen Hund. Es schien richtig. Ich zog das Tier näher an den Weg heran, bevor ich mich aufmachte, meinen zukünftigen Spürhund zu holen.

Die Fahrt mit dem Geländefahrzeug zurück zum Rehbock dauerte nicht lange. Meinem Welpen gefiel die Fahrt allerdings nicht. Überhaupt nicht. Die brummende Maschine. Der holprige Weg. Zu fremd war das alles. Doch sie blieb den ganzen Weg lang brav auf ihrem Platz auf meinem Schoß. Ihre großen Welpenaugen musterten mich: „Wenn das nur mal gut geht, Kumpel…“. Ich kam an der Stelle zum Halt, wo ich das Reh gelassen hatte, und setzte den Hund auf den Boden. „Mille“, sagte ich und klopfte mir auf die Brust – ein Signal, das wir schon viele Male geübt hatten. „Mille – such!“ Sie begann sofort die Stelle abzusuchen. Bislang hatten wir den Suchbefehl nur mit Hunde-Snacks geübt, aber offensichtlich wusste sie genau, worum es bei diesem Spiel ging. Gleichsam einer winzigen, pfeifenden Dampflok klebte sie an der Spur wie ein Magnet am Eisen und folgte ihr in gerader Linie direkt zum Reh im Busch. Dann stoppte sie. Schnüffelte am Bock und wartete auf meinen Befehl. „Los“, sagte ich. Sie ging dem toten Tier direkt an den Hals. Um ihr das Gefühl des Erfolgs zu geben, ließ ich sie für etwa eine Minute reißen und toben. Dann lud ich das Reh auf den Quad, während mein Welpe herumsprang wie ein Kind am Heiligabend. Nur ein Wort war nötig, und sie sprang mir auf den Schoß. Stolz war sie. Wie eine Löwin mit frisch erlegter Beute.

Über Jagdhunde Teil 2: Apportierhunde

David Carsten Pedersen über das Großziehen seines Jagdhundes „Mille“

Ich habe schon Labradors einen halben Kilometer schwimmen und eine Gans aus dem November-kalten Ozean holen sehen. Ich habe sie Reh aus dem Dickicht schleppen sehen, das doppelt so schwer ist wie der Hund selbst. Und seit einem Monat sehe ich meinen Welpen alles anschleppen, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie guckt ganz stolz, wenn sie mir eine Socke, einen Schuh oder ein Spielzeug bringt und sich dann hinlegt, mit dem Schwanz wedelt und lächelt. Ja. Sie lächelt.

„Ich wußte gar nicht, dass Tiere einen so lieben können“, sagte meine Frau. Sie hatte nie einen Hund besessen und war mit zwei großen schwarzen Katern aufgewachsen. Zwei sehr zutrauliche Tiere, die sich viel gefallen ließen. Aber es waren halt eben Katzen. Katzen mögen dich. Aber Hunde lieben dich mehr als sich selbst. Und darum finden sie immer wieder Sachen, die nach dir riechen und stellen sie zur Schau wie der Fasan sein Federkleid.

Katze mögen dich. Aber Hunde lieben dich mehr als sich selbst.

David Carsten Pedersen

Es gibt eigentlich keinen schlechten Hund. Aber man bekommt den Hund, den man verdient. Schon so manch einer hat es durch sein Gebrüll geschafft, einen Hund mit hervorragenden Anlagen zu verschrecken – nur, weil das Tier nicht das tat, was ihm befohlen wurde. Aber Hunde wissen zunächst einmal nicht, was du von ihnen erwartest. Du musst ihnen das richtige Verhalten schon beibringen und sie für ihren Gehorsam loben.

Es war Milles erster Tag der „Hundeschule“. Für einige Wochen hatte ich bereits mit ihr trainiert, aber mir war auch klar, dass professionelle Hilfe nicht schaden würde. Es stellte sich als die beste Entscheidung meines Hundebesitzer-Lebens heraus. Als ich Kind war, ging niemand mit seinem Hund zur Hundeschule. Jäger erzogen ihre Hunde selbst – mit recht unterschiedlichem Erfolg. Einige Hunde waren sehr gut. Viele jedoch nicht.

Mir scheint, dass viele erstmalige Hundebesitzer denken, man könne und solle den Hund allein erziehen, ohne Hilfe eines professionellen Hundetrainers. Hier bietet sich ein Vergleich mit dem Schießenlernen an.

Als ich Kind war, ging niemand mit seinem Hund zur Hundeschule.

David Carsten Pedersen

Man lernt in kurzer Zeit sehr viel mehr auf der Jagd in Begleitung eines erfahrenen Jägers. Das Schießen auf große Entfernungen gelingt besser mit einem guten Späher an der Seite. Und Tontaubenschießen ist wirklich nicht so schwer, wenn man einen guten Lehrer hat.

Hundeerziehung funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Alles fängt mit dir an.
Das Gehirn des Hundes gleicht einem Computer, auf dem bereits alles installiert ist. Man muss einfach nur den richtigen Knopf für das entsprechende Programm finden. Aber DU bist es, der das lernen muss. Alles auf einmal zu versuchen, bringt dir und dem Hund nur Stress.

Also, immer schön langsam, und viel Spass!“ Also machten wir langsam und begannen mit dem Üben von „Sitz“ und ruhigem Verhalten in Kontakt mit anderen Hunden. Darauf folgte das „Bei Fuß“-Gehen. Und „Platz!“ Gehorcht sie, gibt es sofort eine Leckerli zur Belohnung. „Du musst Augenkontakt herstellen, wenn du ihr einen Befehl gibst. Es stellt eine Verbindung her und erleichtert Kommandos.“ Augenkontakt mit Mille geht problemlos. Sie lächelt mit ihren Augen, ganz so, als wolle sie mir sagen: „Keine Sorge, Kumpel – wir kriegen das irgendwann hin. Ich helfe dir.“

Elchjagd in Skandinavien

Eindrücke von David Carsten Pedersen

Wie war es, mit dem Elchhund zu arbeiten?

Die Arbeit mit dem frei laufenden, lautgebenden Hund auf Elche ist eine ebenso einzigartige wie alte Jagdform. Normalerweise umkreist der Hund den Jäger großräumig, um eine gute Fährte zu finden und ihr dann zu folgen. Er bellt nur, wenn der Elch steht, und hält dabei immer genügend Abstand. Heutzutage tragen die Hunde GPS-Sender, damit man ihre Wege besser verfolgen und sie orten kann. Sobald der Elch in Reichweite ist, pirscht man sich vorsichtig auf Schussdistanz heran und nutzt das Bellen als akustische Tarnung. Denn wenn der Elch den Jäger einmal entdeckt hat, dann trollt er sich und die ganze Arbeit war umsonst.

Wie hast du dich auf die Elchjagd vorbereitet?

Zunächst sollte man sich mental vorbereiten. Ich habe mich gefragt, welche Wetter- und Jagdbedingungen mich erwarten und was von mir als Jäger gefordert wird. Dann habe ich das Schießen so realitätsnah wie möglich trainiert, mit der gleichen Waffe und Optik wie in Lappland, im Jagdanschlag auf bewegte Ziele. Denn bei der Jagd selbst hast du meist nur diesen einen Moment, in dem du dich voll auf dein Equipment und deine Fähigkeiten verlassen können musst. Um körperlich fit zu sein, empfehle ich außerdem vorher Wanderungen mit schwerem Rucksack und kurze, schnelle Läufe in Jagdstiefeln.

Welche besonderen Eigenschaften muss die Optik bei dieser Jagd erfüllen?

Zunächst einmal muss sie robust sein, Temperaturen bis zu -20 °C, Feuchtigkeit und so manchen Schlag unbeschadet wegstecken. Wichtig ist auch die Vielseitigkeit. In den Wäldern ändert sich die Schussdistanz schnell von 10 bis auf 150 Meter, für bewegtes Schießen braucht man ein weites Sehfeld und eine klare Vergrößerung.

Auf welchen Distanzen hast du dein Zielfernrohr eingesetzt?

Bei dieser Jagd war ich mit dem Zoombereich des VICTORY V8 1.1– 8×30 für alle Situationen gewappnet, für mögliche Weitschüsse auf den Moorflächen ebenso wie für den schnellen Anschlag auf kurze Distanz. In den letzten Stunden unserer Jagd wurden die Chancen immer weniger. Schließlich habe ich das Elchkalb auf etwa 30 Meter Entfernung erlegt – eine klassische Drückjagdsituation. Beide Augen bleiben offen, das große Sehfeld erleichtert den Überblick und man verliert das Wild nicht beim Mitziehen.

Was war für dich der wichtigste Moment auf dieser Jagdexkursion?

Bei einem Erlebnis wie diesem gibt es so viele unvergessliche Eindrücke. Aber da war dieser eine Moment, der mir immer in Erinnerung bleiben wird: die Rast am Fluss, nachdem der Elch erlegt war. Ein Lagerfeuer brannte, wir kauten Trockenfleisch vom Ren und tranken duftenden Kaffee. Tommy hat bereits viele Bären und kapitale Elche gejagt und ist einer der erfahrensten und angenehmsten Jagdführer, die ich kenne. Dieser Mann sagte mir in seinem langsamen schwedischen Akzent: „Das nächste Mal brauchst du mich nicht mehr, mein Freund. Dann gehst du allein mit dem Hund.“

Jagd mit dem Elchhund

Der Zauber des Nordens im schwedischen Lappland.

Der Jäger David Carsten Pedersen erzählt von seinen Eindrücken bei der Jagd im schwedischen Lappland mit dem Jagdführer Tommy und dem Elchhund Tiko. Tommy ist seit vielen Jahren Jagdführer in Lappland und ein echter Experte für die Jagd auf Elche mit dem lauten, frei laufenden Hund. Die uralte Jagdtechnik mit dem Elchhund wird heute ausschließlich von skandinavischen Jägern praktiziert.

Eine Eule hat uns heute morgen von einem Baum aus beobachtet. Immer wenn ich eine Eule sehe, finde ich auch einen Elch.

David Carsten Pedersen

Sie hat eine enge Beziehung zwischen Jäger und Hund geschaffen, bei der der Hund zu einem vertrauenswürdigen Freund und Jagdpartner wird. Nach drei intensiven Pirschtagen klingt der Standlaut des Elchhundes wie ein Konzert durch den Wald. Tommy zeigt mir sein GPS, auf dem wir den bellenden Elchhund genau orten können. Irgendwo vor ihm muss der Elch stehen. Wir überprüfen die Entfernung: Es sollte gerade noch möglich sein, den Elch zur Strecke zu bringen, bevor die Sonne hier im schwedischen Lappland untergeht. Vor uns liegt ein riesiger gefrorener Sumpf mit einer Oberfläche wie ein Eishockeyfeld. Wir rennen los, den Schwerpunkt immer schön tief auf dem eisigen Untergrund und die Augen fest auf unser Ziel gerichtet.

Die Menschen in Lappland haben eine sehr enge Beziehung mit der Natur.

Die Schreie der über uns kreisenden Raben lassen mich kurz aufschauen, als wir die Baumlinie erreichen. Sie folgen uns. „Ein gutes Zeichen“, raune ich Tommy zu. „Ich habe auch ein gutes Zeichen von den Vögeln erhalten“. „Eine Eule hat uns heute Morgen von einem Baum aus beobachtet. Immer wenn ich eine Eule sehe, finde ich auch einen Elch.“ Im nördlichen Lappland wird man schnell etwas abergläubisch. Die Menschen hier haben noch immer eine sehr enge Beziehung zur Natur.

Der Elch kann nicht mehr weit entfernt sein.

Da sich der Himmel schon rosa verfärbt, können wir ein gutes Omen brauchen, um unsere Jagd nach dem Elch noch mit einem Erfolg zu krönen. Regungslos warten wir auf weitere Signale des Hundes. Der kann nicht mehr weit entfernt sein. Doch die einzige Möglichkeit, uns noch näher anzupirschen, besteht darin, das Bellen zu nutzen, damit der Elch das Knirschen unserer Schritte auf dem frostigen Mooruntergrund nicht vernimmt. Tiko bleibt stumm.

„Mach dich bereit. Er könnte den Elch in unsere Richtung drücken.“ Ich stelle mein VICTORY V8 Drückjagdglas von ZEISS auf die geringste Vergrößerung und somit auf das größtmögliche Sehfeld ein und aktiviere den Leuchtpunkt. Gleich kann er durchbrechen und ich will alles im Blick haben. Da erscheint unerwartet der Hund und läuft auf uns zu. Enttäuschung macht sich in mir breit. Warum hat er vom Elch abgelassen?

Tiko sieht uns kurz an und dreht dann freudig ab in Richtung Beute. Erst jetzt verstehe ich: Er wollte sich nur vergewissern, ob wir auch bereit sind. Schon nach Kurzem beginnt das ernste Bellen wieder. Brechende Äste diesmal kommt etwas Großes auf uns zu. Eine Gelegenheit, für die man nur einen Schuss hat.

Eine perfekte Jagd.

Am Ufer liegt das große Elchkalb, die Belohnung für unsere Anstrengungen der letzten Tage. Ein Zeichen für die enge Verbindung zwischen Jäger, Hund, Wild und der Bevölkerung vor Ort, die sich auf unsere Fähigkeiten verlässt, damit wir für sie Fleisch von unserem Jagderlebnis mitbringen.

„Das war eine perfekte Jagd“, erklärt Tommy. „Das Fleisch dieses Kalbs ist fantastisch, und du hast nicht gezögert, als du deine Chance hattest.“ Überwältigt von den Komplimenten meines sonst so wortkargen Jagdpartners hebe ich die Kaffeetasse. Ein dankbares „Skål!“, das ihm, dem Elch und dem Hund

gilt. Im sterbenden Licht des Tages fliegt unerwartet ein Rabe aus dem Wald. Ihm folgt eine kleine Eule. Keiner von uns sagt etwas. Wir lächeln nur in uns hinein. In Lappland musst du auf alles vorbereitet sein. Auch auf die Dinge, die man nicht immer erklären kann.