Wildfreundliche Wiesenmahd
Die erste Mahd wird jedes Jahr für unzählige Kitze, Junghasen und Co. zur tödlichen Falle. Tobias Vandeck setzt in seinem Revier bei Bad Oldesloe seit Jahren auf einen Mix aus verschiedenen Präventionsmaßnahmen, um möglichst viele Jungtiere vor dem Mähtod zu bewahren. In diesem Jahr kam erstmals auch eine Drohne mit Wärmebildkamera zum Einsatz. Technik, die begeistert.
Die jährliche Wildtierrettung zur Wiesenmahd ist für Revierpächter Tobias Vandeck und sein Jagdteam weitaus mehr als ein verpflichtender Hegebeitrag, sondern vor allem eine Herzensangelegenheit. Eines ließ ihm jedoch in der Vergangenheit keine Ruhe: Trotz Prävention – konventionell mit Wildscheuchen, ehrenamtlichen Helfern und akustischen Wildrettern am Mähwerk – gab es leider immer ein paar, wenn auch wenige Opfer. „Meist hat es die ganz frisch gesetzten Kitze erwischt“, berichtet Vandeck bestürzt, der bei der Ernte auch selbst auf dem Schlepper sitzt.
Sein Revier „Neufresenburg“ hat insgesamt 360 Hektar, darunter rund zehn Prozent Grünfläche, die zur Grasgewinnung genutzt wird. Viele Ecken in der wunderschönen stormarnschen Naturlandschaft sind wahre Rehwild-Hotspots. Und leider setzen die Ricken ihre Kitze meist genau in die zu mähenden Flächen. Mit dem Ziel „100 Prozent“ zu erreichen, begab sich Tobias Vandeck auf die Suche nach alternativen Methoden – und stieß auf das Thema Jungwildrettung mit der Drohne.
Er reagierte prompt und engagierte das Team der Wildtierrettung Segeberger Heide e.V. Der im vergangenen Jahr gegründete Verein mit Sitz in Kleinkummerfeld hat sich der Organisation und Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen zur Auffindung von Jungwild, insbesondere Rehkitzen, auf landwirtschaftlichen Flächen vor der Mahd verschrieben. „Uns erreichen in der Saison täglich Anfragen vom Hamburger Rand bis nach Dithmarschen und der Rendsburger Ecke“, sagt einer der Initiatoren Olaf Weddern.
Weddern und seine freiwilligen Helfer nutzen für ihre Einsätze zum einen eine DJI Phantom 4 mit Wärmebild-Profikamera FLIR 640 Pro sowie zum anderen ein ganz neues System, den „Fliegenden Wildretter“. Mit beiden können sie Wärmequellen auch aus 100 Meter Höhe noch deutlich erkennen. Das Absuchen findet in den frühen Morgenstunden statt – meist ab vier/fünf Uhr – und endet je nach Wetterlage zwischen neun und zehn Uhr. Die Sonne erwärmt dann sehr zügig die Fläche, sodass auf dem Wärmebild kein Unterschied mehr zwischen Wildtier und Umgebung auszumachen ist.
Am 19. Mai ist „Neufresenburg“ bereits das zweite Revier, dass die Wildtierretter anfahren. Sie fliegen an diesem Tag mit zwei Drohnen, sodass parallel zwei Schläge abgearbeitet werden können, und wenden obendrein zwei unterschiedliche Suchstrategien an. Sebastian („Pilot“) und Olaf („Operator“) fliegen mit Livebild und schicken bei jedem Verdachtspunkt Olafs Tochter („Läufer“), die mit einem Funkgerät ausgestattet ist, zu der detektierten Stelle. Frank wiederum wertet das Bildmaterial des „Fliegenden Wildretters“ nach dem Drohnenflug am Monitor aus, markiert die verdächtigen Punkte, und läuft sie an – nachdem er die Koordinaten auf ein Handgerät übertragen hat.
Im Falle eines zu rettenden Tieres wird dieses vorsichtig und ohne Geruchsübertragung in eine ausbruchsichere und gut belüftete Kiste gesetzt und am Wiesenrand im Schatten platziert. Nach rund vier Stunden sind die 36 Hektar Grünfläche in „Neufresenburg“ geschafft – und acht Rehkitze sicher verwahrt. Sie werden später an geschützter Stelle wieder freigelassen. Weitere fünf Kitze konnten während des Mähens mithilfe der akustischen Wildretter erfolgreich vergrämt werden.
Der Einsatz hat sich gelohnt. „Ich bin total begeistert“, schwärmt Revierpächter Tobias Vandeck und resümiert: „Im kommenden Jahr werde er die Wildtierretter wieder engagieren – zusätzlich zu den herkömmlichen Methoden. Ich bin überzeugt, dass der Mix es macht.“