Wie man mit dem Einfluss der Schwerkraft umgeht.
Beim horizontalen Schuss wirkt die Schwerkraft senkrecht zur Schussrichtung, und führt daher zu Abweichungen von der geraden Bahn, hin zu der bekannten, annähernd parabelförmig, nach unten geneigten Flugbahn. Das Zielfernrohr „schaut“ nach dem Einschießen dementsprechend etwas nach unten, sodass sich die Visierlinie im Abstand der Einschießentfernung mit der Geschossbahn trifft.
Würde man senkrecht nach oben oder nach unten schießen, wirkt die Schwerkraft nur noch bremsend oder beschleunigend auf das Geschoss, führt aber nicht mehr zu einer seitlichen Abweichung. Die Flugbahn bleibt dann eine gerade Linie, die durch die Laufachse vorgegeben wird. Sie neigt sich nicht mehr in Richtung Visierlinie, sondern verläuft nach oben weg. Beim praktischen Schießen wäre die Trefferlage damit immer deutlich oberhalb des Zielpunktes.
In der Praxis schießt man zwar nicht senkrecht nach oben oder unten, aber bei der Gebirgsjagd kommen durchaus Steilschüsse im Winkel von 30 – 40° zur Horizontalen vor. Der senkrecht zur Geschossbahn wirkende Anteil der Schwerkraft, der verantwortlich ist für die Richtungsabweichung, ist dabei bereits spürbar geringer. Bei einem 35° Steilschuss beträgt er noch etwa 82 % (cos 35° = 0,82).
Dadurch wird die Flugbahn weniger stark gekrümmt, d. h. der Geschossabfall wird geringer. Die Folge ist Hochschuss! Die alte Regel „Bergauf und bergrunter – halt drunter!“ stimmt also prinzipiell.
Praktischer Test
Wie weit macht sich der Effekt aber in der Praxis wirklich bemerkbar?
Moderne Ballistikprogramme können das sehr exakt ausrechnen, ganz konkrete Versuche geben jedoch ein besseres Gefühl für die praktischen Auswirkungen.
Geschossen wurde mit zwei unterschiedlich rasanten Patronen, der Winkel betrug 35°. Die Waffen waren mit 4 cm Hochschuss auf 100 m eingeschossen. Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse, wie theoretisch vorhersehbar in gleicher Weise für bergauf und bergab:
Test I mit rasantem Geschoss: Blaser R93, Kaliber 7 mm Blaser Magnum mit 9,2 Gramm Geschoss
Zielentfernung | 100 m | 200 m | 300 m |
Trefferlage beim horizontalen Schuss | +4 cm | 0 cm | -24 cm |
Trefferlage beim 35° steilen Schuss | +5 cm | +4 cm | -7 cm |
Differenz zw. horiz. und 35° steilem Schuss | 1 cm | 4 cm | 17 cm |
Test II mit weniger rasantem Geschoss: Blaser K95, Kaliber .308 Win. mit 11,7 Gramm Geschoss
Zielentfernung | 100 m | 200 m | 300 m |
Trefferlage beim horizontalen Schuss | +4 cm | -8 cm | -44 cm |
Trefferlage beim 35° steilen Schuss | +6 cm | +4 cm | -18cm |
Differenz zw. horiz. und 35° steilem Schuss | 2 cm | 12 cm | 26 cm |
Die obigen Ergebnisse zeigen, dass man mit normalen jagdlichen Kalibern bis 200 m selbst bei 30 – 40° Schüssen (bergauf oder bergab) keine schwierigen Rechnungen anstellen muss, die oft mehr verwirren als hilfreich sind.
Normal anhalten, reicht in dem Bereich aus. Bei langsamen Geschossen auf größere Entfernungen oder noch steileren Winkeln sollte man sich aber mit den Zusammenhängen beschäftigen, dann gibt es schon deutliche Einflüsse auf Ballistik und Treffpunktlage. Das gilt in gleicher Weise für den Schuss bergauf wie für bergab.