Eine Jagdreise für den Auerhahn

Im Herzen des Winters.

Eine Reise zur Jagd nach Auerhähnen in den fernen Norden Skandinaviens wird zu einem Selbstfindungstrip für den ZEISS Jagdbotschafter David Carsten Pedersen.

„Es war sehr gut, mit dir zu jagen.“ Diese Aussage kam von einem der besten Jäger, den ich je getroffen habe. Dieser Mann war Tommy Holmberg, der legendäre Jagdführer aus dem schwedischen Lappland, der es einmal mit einem menschenfressenden Bären aufgenommen hatte. Wir hatten es uns beide neben einem kleinen Holzofen gemütlich gemacht und waren müde nach einigen harten und erfolgreichen Tagen Elchjagd. In den paar Tagen gemeinsamen Jagens waren wir gute Freunde geworden und sein Lob bedeutete mir viel mehr als ihm meiner Meinung nach bewusst war. „Aber du musst im Winter zurückkommen für die Auerhahnjagd. Das ist wirklich etwas Besonderes. Da lernst du tatsächlich die Seele des schwedischen Lapplands kennen.“ Im Wissen, dass ich den nächsten Tag zurück nach Hause kehren musste, war ich sehr begeistert von der Idee zukünftiger Abenteuer.

„Es ist allerdings keine leichte Jagd.“ Er sagte dies im speziellen Dialekt Nordschwedens. „Du jagst auf hölzernen Ski. Du schießt sehr weit. Und es kann wirklich kalt werden.“ Er sagte dies mit der gleichen Selbstverständlichkeit in seiner Stimme, mit der er auch über alles andere sprach. In Lappland verschwenden die Leute keine unnötigen Wörter. Wenn Tommy also sagte, dass es eine gute Jagd war, dann war es auch so. Und natürlich sagte ich ihm, dass ich zurückkehren würde. Zu diesem Zeitpunkt hätte Tommy mir vorschlagen können in eine Bärenhöhle zu kriechen und eine schlafende Bärin zu umarmen und ich hätte es ohne Zögern getan. Ich konnte nur noch daran denken, an diesem Ort über dem nördlichen Polarkreis zurückzukehren und den königlichen Waldvogel zu jagen: Der schwedische Auerhahn.

Es wird sehr kalt, mein Freund. Du stellst besser die richtigen Temperaturen ein.

David Carsten Pedersen

Ein paar Jahre später war ich mit meinem guten Freund Nikolaj auf dem Schießplatz. Wir hatten geplant, Tommy in Lappland für die Auerhahnjagd zu besuchen. Und wir erwarteten einige Schüsse auf große Distanz bei extremen Temperaturen.

Im Moment waren wir dabei die Auswirkung der Temperaturen auf die Ballistik der Geschosse zu diskutieren. „Die Kugel verliert etwa 0,3 TS pro 20 Grad Unterschied, mehr oder weniger, also berechnen wir das besser mit ein“, sagte Nikolaj mir während wir die ASV+ für die geplante Jagd einrichteten. „Und für mich sieht es danach aus, als würde es verdammt kalt werden, mein Freund“, sagte er mit einem Lächeln. Der Wetterbericht sagte voraus, dass die Temperaturen tagsüber auf -20 Grad sinken würden. Das würde mindestens 30 Grad Unterschied zu den relativ warmen Temperaturen auf dem Schießplatz ausmachen.

Wir waren beide schon in Lappland gewesen und daran gewöhnt, unter schwierigen Bedingungen zu jagen. Mit Wolle und vielen Lagen Kleidung im Gepäck machten wir uns keine Sorgen zu frieren. Und nach Bestätigung der Ballistik mit der ZEISS Hunting App waren wir zuversichtlich, dass wir jede Möglichkeit auf einen guten Schuss ergreifen könnten; selbst bei so relativ kleinen Zielen wie den Lebenszeichen eines Auerhahns auf große Reichweite. Jetzt mussten wir nur noch all unsere Sachen fertig packen und uns auf vier Tage oberhalb des nördlichen Polarkreises vorbereiten.

Willkommen zurück im schwedischen Lappland, meine Freunde!

Der kleine glatzköpfige Mann mit dem langen Bart und der weiten Kleidung begrüßte uns mit einer bärigen Umarmung sobald wir den Flughafen in Luleå betraten. Mit leuchtenden Augen und einem breiten Grinsen war Tommy Holberg genauso beeindruckend wie ich mich an ihn von meinem letzten Besuch im schwedischen Lappland erinnerte. „Ich weiß nicht, ob ihr euch den Wetterbericht angesehen habt, Jungs. Aber es wird wirklich kalt.“ Er fuhr fort in einem Tonfall, den ich von ihm noch nicht gehört hatte. Etwas war los. Als wir in seinem großen Highlux aus dem Flughafen fuhren, gerieten wir direkt in einen Stau. Eine Herde Rentiere blockierte die Straße vor uns. Jedes Auto bremste beim Passieren der friedlichen Tiere auf Kriechgeschwindigkeit ab.

„Ich hoffe wirklich, dass es nur bei etwa -20 Grad bleiben wird“, sagte Tommy im gleichen Tonfall wie zuvor. „Aber es sieht so aus, als würde es deutlich kälter werden. Vielleicht sogar bis -30 Grad. Wir hätten Glück, wenn wir ein oder zwei Vögel erwischen. Aber ich muss euch sagen, dass wir eventuell nicht einen Vogel sehen werden.“ Auf der Fahrt zu unserem Ziel auf der gefrorenen Autobahn unterhielten wir uns darüber.

Bei zu kalten Temperaturen würden die Vögel ihre Verstecke nicht verlassen, um in den Baumkronen zu essen, sondern unter dem Schnee bleiben, ihre Wärme bewahren und auf mildere Tage warten. Die einzige Möglichkeit sie zu entdecken ist nach Spuren im Schnee, Luftlöchern und Mist zu suchen und sie dann aus ihren Höhlen zu treiben. Es sah nach einigen harten Tagen auf Ski aus. Im warmen Auto hatten wir keine Vorstellung davon, wie hart es tatsächlich werden würde.

Auf der Suche nach Vögeln in einem Kühlschrank.

Wir liefen mit unseren Ski so leise wie möglich durch die gefrorene Landschaft. Nach fast einem ganzen Tag auf den langen Holzski entdeckten wir endlich Auerhahnmist unter dem Schnee und die Spuren von Flügeln, wo einer zum Flug angehoben hatte. Jetzt versuchten wir herauszufinden, wo er gelandet war. Und vielleicht sogar eine Gelegenheit für einen Schuss zu erlangen.
Falls du noch nie versucht hast Auerhähne zu jagen: Die Technik ist eigentlich ziemlich simpel. Du ziehst dir ein Paar sehr lange hölzerne Ski mit Spitzen an, die durch die vereiste obere Schicht des Schnees schneiden. Dann läufst du durch Wald, Moore und Hügel und versuchst die Vögel zu entdecken, wenn diese Tannennadeln essen. Du jagst nur nach Männchen und verbringst sehr viel Zeit damit die Baumlinie nach ihren großen schwarzen Silhouetten abzusuchen. Wenn du einen entdeckst, versuchst du, dich in Schussweite zu begeben, ohne dass der Vogel dich entdeckt. Der Schuss wird oft aus liegender Position vom Schnee abgegeben, über Reichweiten von 200 Metern und aufwärts. Das klingt alles sehr einfach. Bis du es in der Realität tun musst.

Falls du nicht gerade ein Einwohner des nördlichen Skandinaviens bist, ist es wahrscheinlich, dass du nicht sehr viel Erfahrung mit den sehr langen hölzernen Langlaufski der Sami hast. Dazu die Tatsache, dass überall etwa 1,5 Meter hoher Pulverschnee ist, du dicht bewaldete Hügel und Flüsse überqueren musst und du fängst an eine Vorstellung davon zu haben, wie physisch anstrengend diese Jagd wirklich ist. Und dann ist da ja die Geschwindigkeit. Um in den kurzen Wintertagen eine gute Jagd zu schaffen, musst du mit den Ski hart und schnell fahren. Nach den ersten 200 Metern beginnst du stark zu schwitzen. Wenn du deine Temperatur nicht regulierst, wirst du nass und riskierst Unterkühlung. Wenn du Lagen deiner Kleidung entfernst, musst du die bisherige Geschwindigkeit halten oder du läufst Gefahr wieder zu frieren. Eine Pause zu machen bedeutet immer, mehr Kleidung anzuziehen. Eine Skibindung oder gar ein Bein zu brechen, kann zum Tode führen. Kurz gesagt: Es ist nicht so einfach wie es klingt. Aber wir hatten sehr viel Spaß.

„Ich glaube, er könnte dorthin geflogen sein. Ihr geht links um das Moor und ich rechts. Gebt mir ein Signal, wenn ihr etwas seht“, erklärte Tommy mit der gleichen Sicherheit, mit der er uns bereits den ganzen Tag geführt hatte. Wenn es auch nur einen Vogel in dieser gewaltigen gefrorenen Landschaft gab, würde er ihn sicher finden. In vollstem Vertrauen glitten Nikolaj und ich fort durch die Bäume und brachen rauschend durch die Oberfläche. Der Sonnenuntergang war nach nur ein paar kalten Stunden Tageslicht schon im Gange. Als wir später für eine Zwischenmahlzeit aus Nüssen und Schokolade anhielten, überprüften wir unsere Thermometer. Die Temperatur war auf -32 Grad gesunken. Und außer dem Misthaufen hatten wir keinerlei Lebenszeichen gesehen.

„Ich war noch nie an einem so toten Ort“, dachte ich bei mir als wir eine weitere Baumlinie absuchten und versuchten einen Vogel heraufzubeschwören. Es ist wie auf einem anderen Planeten, einem wunderschönen toten Planeten mit organischem Siliziumdioxid in Form von Bäumen, der mit einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Nichts bewegte sich. Nicht einmal der Wind. Alles war gefroren und still. Die einzige Wärmequelle in diesem riesigen Tiefkühlschrank waren drei Männer, die sich durch den Schnee in die Berge arbeiteten, auf der Suche nach einem Vogel, der vielleicht niemals da war.

Als die Sonne am zweiten Tag unterging, waren die Temperaturen auf -38 Grad gesunken. Wir waren den ganzen Tag angestrengt auf Ski unterwegs gewesen und saßen nun auf unseren Ski im Schnee, aßen unsere heiße Rentiersuppe und freuten uns über unsere dicken Jacken, bevor wir auf den Ski zu den Hütten zurückkehren würden. Wir hatten den ganzen Tag nichts gesehen. Nicht ein einziges lebendiges Tier. Nur das riesige weiße Ödland aus Eis und Schnee. Wir hatten noch mindestens 7 Kilometer Ski vor uns, bevor wir ankommen würden. Bis dahin würde die Sonne untergegangen sein und wir würden im Schein unsere Stirnlampen laufen.

Die Stimmung war gut, aber die Temperaturen fingen an, mir zu schaffen zu machen. Es war fast physisch. Eine harte Kälte, die in der Nase bei jedem Atemzug stach und die Wärme aus allem sog. Unsere Bärte waren gefroren und wir hatten Eis in den Wimpern. Während ich meine warme Suppentasse umarmte, konnte ich den Vögeln nicht vorwerfen, dass sie sich unter dem Schnee versteckten. Alles, was sich nach draußen wagte, würde sterben. Selbst Tommy machte die Kälte offensichtlich zu schaffen. Wir mussten zurück auf die Ski, um uns auf den Heimweg zu machen.
Und dann wurde es plötzlich ernst. Es begann in meinen Zehen. Ich hatte immer eine schlechte Durchblutung in meinen Füßen. Also war ich es  gewöhnt, kein Gefühl in meinen Zehen zu haben. Aber egal, was ich auch versuchte, ich konnte sie nicht warm bekommen.

Zunächst habe ich nicht darüber nachgedacht. Es begann als eine kriechende Kälte, die sich durch meine Füße und hoch in meinen Körper arbeitete. Stück für Stück breitete sich die Kälte überall aus. Ich konnte mich auf nichts anderes mehr konzentrieren. Sie war überall. Ich wusste, dass ich auf dem Weg nach Hause war. Ich musste nur ruhig bleiben und einen Ort in mir finden, an dem ich warm bleiben könnte. Und dann wäre ich zu Hause. Also habe ich genau das getan. Im Dunkel der Winternacht, mit kaltem weißen Mondschein über dem gefrorenen Wald, ging ich in mich und fand eine Wärmequelle. Es fühlte sich an als würde ich meinen Körper verlassen und mich von außen betrachten. Um mich herum war das Gefühl des Waldes, der Hügel und der Seen. Ich wusste, dass ich bis auf die Knochen ausgekühlt war. Aber aus irgendeinem Grund war mir warm. Und ich lachte.

Im Herzen des Winters.

Als wir an der Hütte ankamen, stolperte ich fast durch die Tür. Das Feuer war heiß und das Essen warm. Aber egal, was ich auch versuchte, meine Füße fühlten sich an wie Eiszapfen. All meine Zehen waren weiß und die Spitze von einem hatte begonnen sich blau zu färben.

„Du gehst heute nicht raus, mein Freund“, sagte Tommy ernst. Während der Nacht hatte mein Zeh angefangen, sich blau zu färben. Es gab keinen Weg an der Erkenntnis vorbei. Ich hatte eine Erfrierung. „Du wirst den Zeh verlieren, wenn du nach draußen gehst“, wiederholte er. Todernst. Wenn ein Mann wie Tommy dir von einem Risiko abrät, hörst du auf ihn. So einfach ist das. Aber so traurig wie ich auch war Nikolaj und Tommy für einen weiteren Tag auf Ski gehen zu sehen, hatte ich doch ein seltsames Lächeln im Gesicht.

Ich hatte in der Dunkelheit der letzten Nacht etwas gefunden. Etwas, das in der Trance durch die Unterkühlung zu mir kam. Etwas, das immer noch bei mir war, als ich die beiden auf ihrem Weg über das Eis kleiner werden sah. Es war die unmögliche Erfahrung von Leben, das selbst unter den härtesten Bedingungen weiterlebt. Es war genau hier. In den Bergen und den Bäumen und dem Himmel. Was ich in der gefrorenen Tundra des Nordens gefunden hatte, war die Wärme des Lebens, das in der Stille zwischen zwei Herzschlägen lebt und geduldig auf den Frühling wartet, der die Flügel taut und das Leben zurück in die Glieder fließen lässt. In diesem Moment fühlte ich mich gedemütigt und gesegnet, am Leben zu sein. Als ich mich umdrehte, um zurück in die warme Hütte zu gehen, konnte ich meinen nächsten Besuch in Lappland kaum erwarten.

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