Auf Bockjagd – Eine Mai-Symphonie

Im Mai gibt die Natur ihr schönstes Stück

Der Mai hat es mir – wie kein anderer Monat – angetan. Es zieht mich raus. Zu Fuchs und Hase, denen ich immer wieder begegne. Und dann ist da noch dieses schwer beschreibbare Gefühl, das andere Jäger wohl Bockfieber nennen. Bei mir ist es kein richtiges Fieber, sondern eher eine Sehnsucht, ein Verlangen. Und die Vorfreude auf atemberaubend schöne Morgen und idyllische Abende im Revier.

So ging es auch diesen lauen Abend im Mai wieder einmal hinaus in die holsteinische Feldflur. Die Sonne berührte bereits den Horizont und kündigte das Ende des Tages an. Der Wind kam aus Südost. Deshalb wählte ich den „Wachturm”, einen geschlossenen Sitz unweit der Waldkante mit einem Grünstreifen vor mir, Raps zur Rechten und Weizen zur Linken. Bereits beim Aufbaumen konnte ich am gegenüberliegenden Knick ein Schmalreh ausmachen, das sich nach zarten Knospen und jungen Blättern im Gehölz reckte. Ich beobachtete es eine Weile durch mein neues Victory SF. Ein Bild so klar und scharf, als ob ich direkt neben ihm stünde. Und während ich dem Stück gedankenversunken beim Äsen zuschaute, traten unbemerkt zwei weitere Stücke aus dem Wald hervor.

Ich nahm sie erst wahr, als sie bereits auf 40 Meter herangezogen waren. Mit bloßem Auge machte ich einen schwachen Jährling und ein ebenso schwaches Schmalreh aus. Vermutlich Zwillingskitze aus dem vergangenen Jahr. Der Bock war noch im Bast. Schmalrehe dürfen in Schleswig-Holstein erst ab September bejagt werden. Deshalb erfreute mich am Anblick und ließ meinen Blick weiter schweifen. Zwei Lauscher im gelben Blütenmeer des Rapses enttarnten ein weiteres weibliches Stück, das sichernd in meine Richtung äugte.

Ein letzter prüfender Blick durchs Zielfernrohr bestätigte meine Vermutung: es handelte sich um einen Knopfbock.

Anna-Lena Kaufmann

Bock und Schmalreh waren inzwischen noch etwas näher gekommen und ästen nun friedlich an der Rapskante. Doch beim genauen Hinsehen bemerkte ich, dass das vermeintliche Schmalreh einen Pinsel hatte. Intuitiv griff meine rechte Hand nun zur Büchse. Ein letzter prüfender Blick durchs Zielfernrohr bestätigte meine Vermutung: Es handelte sich um einen Knopfbock. Im Absehen konnte ich nun auch deutlich die winzigen Knöpfe erkennen. Ich zögerte nicht lange und trug dem Kümmerer die Kugel an. Er brachte nach dem Aufbrechen gerade einmal sieben Kilogramm auf die Waage.

Später, als ich aus dem Wildbret des Maiböckchens ein herrliches Gericht zubereitete, ließ ich den Abendansitz noch einmal Revue passieren. Und war einfach nur dankbar. Für die Natur, die Geschöpfe, die sie hervorbringt und für ein weiteres einmaliges Jagderlebnis.

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