Datenplattformen für die Fabrik 4.0 – Make or Buy? Das Fundament für die smarte Produktion

Alle modernen Digitaltechnologien zur Produktionsoptimierung wie Digitale Zwillinge und Künstliche Intelligenz oder klassische Verfahrensweisen wie Prozessdaten-Monitoring und Alarmierung haben eines gemeinsam: Sie können nur implementiert werden, wenn die Prozessdaten in einer hohen Qualität zur Verfügung stehen. Ist das nicht der Fall, kann mit modernen Digitaltechnologien nicht gearbeitet werden.

Bevor also z. B. mit KI im Unternehmen gestartet werden kann, gilt es sich mit der Bereitstellung der Daten zu beschäftigen. Um für unterschiedlichste spätere Anwendungsfälle nicht jedes Mal neu anfangen zu müssen, bietet es sich an, einen allgemeinen, generischen Ansatz für das Sammeln und Bereitstellen von Daten zu wählen. Es handelt sich dabei um eine Art von Middleware, die wir an dieser Stelle als Datenplattform bezeichnen.

Die erste Aufgabe einer Datenplattform ist es, die Daten aus unterschiedlichsten Datensilos zu sammeln und gemeinsam bereitzustellen. In einer diskret arbeitenden Fabrik sind das in erster Linie Maschinendaten (z. B. Prozessdaten über die Zeit, Alarmmeldungen, Zustandsmeldungen), Auftragsdaten aus dem ERP-System (z. B. Arbeitsaufträge, Arbeitsgänge, Stücklisten, Chargennummer, Teile- und Baugruppennummern), MES-Daten (z. B. Lagerorte, Zwischenlagerzeiten, Maschinenbelegungen) und verschiedenste Daten aus Drittsystemen je nach Branchenausprägung, wie z. B. aus CAD und CAQ-Systemen. Diese Daten sind in modernen Produktionsumgebungen stets vorhanden, können aber ohne eine Datenplattform nicht in Beziehung zueinander gestellt und auswertbar gemacht werden.

Wie jede andere Software auch, kann eine Datenplattform in zwei Wegen realisiert werden: Als Standardsoftware oder als Individualsoftware, zugeschnitten auf genau einen Kunden. Im Folgenden wollen wir die Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten betrachten.

Datenplattform als Standardprodukt

Seit einigen Monaten bringen mehr und mehr Hersteller verschiedenste Standardprodukte auf den Markt. Sie sind teils universal verwendbar, teils stark auf eine bestimmte Branche zugeschnitten. Der Vorteil von standardisierter Software liegt auf der Hand: Sie ist im Idealfall sehr schnell verfügbar und einsatzbereit. Außerdem bringt sie in den meisten Fällen auch sofort Business-Applikationen mit, mit deren Hilfe aktuelle Problem- und Fragestellungen gelöst werden können. In einigen Fällen können die Business-Applikationen sogar durch nicht-IT-Fachkräfte bedient werden und es bedarf keinem Data-Engineer.

Aber bringt dieser Out-of -the-box Gedanke wirklich einen Mehrwert im Zuge der digitalen Transformation einer Fabrik? Das Kernproblem der digitalen Transformation ist das notwendige Umdenken von Mitarbeitenden hinsichtlich datengetriebener Produktion. Oft sind Anforderungen und Wünsche an eine Datenplattform noch nicht ausgeprägt oder vorhanden, da die meisten Mitarbeitenden mit dieser Art von Software noch nicht in Berührung gekommen sind. Ein objektiver, systematischer Vergleich zwischen mehreren Produkten verschiedener Hersteller ist schwierig oder gar unmöglich. So kann es dazu kommen, dass hohe Investitions- und Lizenzkosten für ein suboptimales Produkt gezahlt werden oder erst sehr spät festgestellt wird, dass das Produkt nicht geeignet ist. Bei kleinen und mittelständigen Softwareherstellern ist der Investitionsschutz nur bedingt vorhanden, da diese auch dynamisch auf den Markt reagieren müssen. Im Zweifel kann das bedeuten, dass das Produkt von heute auf morgen nicht mehr gepflegt wird.

Cloud-native Individuallösung

Um den sich ständig ändernden Anforderungen aus dem Prozess der digitalen Transformation des Unternehmens gerecht zu werden, bietet sich eine individuelle Softwarelösung für die Datenplattform an. Als Technologie der Wahl haben sich in den letzten Jahren die Cloud-nativen Services der großen Hyperscaler Microsoft Azure und Amazon Web Services (AWS) herausgebildet. Diese haben einen entscheidenden Vorteil: Durch die Wahl moderner Technologie-Services, welche als Platform as a Service (PaaS) bereitstehen, ist die potenzielle Lösung der Datenplattform hoch performant, kostengünstig und nachhaltig im Sinne der Langlebigkeit des Softwarecodes. Dies wirkt sich in Form eines sehr hohen Investitionsschutzes aus. Die Programmierung der Datenplattform erfolgt stets durch einen Integrator wie z. B. ZEISS Digital Innovation unter Verwendung der Services eines Hyperscalers. Diese Kombination bringt weitere Vorteile mit sich. Im Gegensatz zu einem Standardprodukt eines konkreten Herstellers kann die individuelle Lösung nach der Fertigstellung auch durch den Kunden selbst betrieben werden. Wenn erforderlich, ist der Betrieb sogar durch dritte Parteien möglich. Das reduziert die Abhängigkeit von Integratoren, was für geplante Laufzeiten der Datenplattform von schätzungsweise zehn bis 20 Jahren oder mehr enorm wichtig ist. Die Abhängigkeit von den Hyperscalern ist ein untergeordnetes Thema. Bei der Wahl der PaaS-Technologien kann der Integrator solche nutzen, die bei mehr als einem Hyperscaler zur Verfügung stehen. Ein Umzug von Microsoft zu AWS oder umgekehrt ist zwar mit Arbeit verbunden aber absolut möglich. Dieser Schritt ermöglicht es dem Kunden, auf zukünftige Betriebskostenerhöhungen der Hyperscaler zu reagieren.

Co-Innovationen durch Barrierefreiheit

Die bisherigen Erkenntnisse der startenden digitalen Transformation von Unternehmen im Zuge der vierten industriellen Revolution belegen einen zwingenden Bedarf von Co-Innovation. Damit ist die enge Zusammenarbeit von mehreren industriellen Partnern gemeint, die ihr hochspezialisiertes Wissen nutzen, um einen höheren gemeinsamen Mehrwert für Kunden zu schaffen, als einzelne Unternehmen in der Lage wären.

Die Cloud-native Individuallösung bietet genau diesen Vorteil der barrierefreien Zusammenarbeit von mehreren Unternehmen auf der Datenplattform. Im Kontext der PaaS-Lösungen eines Hyperscalers kann man sich von dritten Firmen genau die Business-Applikationen kaufen oder programmieren lassen, die exakt auf den Anwendungsfall passen, den es im eigenen Unternehmen zu lösen gilt. Diese Basis ermöglicht es dann, stets auf modernste Technologien wie KI oder digitale Zwillinge aufzusetzen, damit Vorreiter in der eigenen Branche zu werden und einen Wettbewerbsvorteil zu generieren.

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