Teil 2: Die Professionalisierung der Vogelbeobachtung und des Vogelschutzes

Mit der Erfindung des Fernglases Ende des 19. Jahrhunderts und dem Engagement der Zoologen zum Schutz der Vögel und ihrer Habitate entstanden weltweit mehr und mehr Verbände und Institutionen, die sich ganz dem Schutz der Vögel sowie der Ornithologie als Wissenschaft widmeten.

Moritz Carl Hensoldt begründete in Wetzlar die optisch-feinmechanische Industrie, die dort bis heute die Stadt prägt. Wie Carl Zeiss kam er eigentlich über die Mikroskope und ein erstes astronomisches Fernrohr zum Fernglas. Im Jahr 1897 entwickelte er Dachkant-Gläser und eigene Prismen, die der Grundstein für sein Dialyt wurden, heute sind diese als Abbe-König-System bekannt. Diese sogenannten Reflexionsprismen kehrten das Bild um 180° um, so dass nichts mehr spiegelverkehrt war, und verhinderten jeden optischen Versatz. Es war der Grundstein für das Nacht-Dialyt, das im Jahr 1930 herauskam. In der Zeit war das ehemalige Familienunternehmen von Moritz Hensoldt bereits acht Jahre lang eine Aktiengesellschaft, in der zwei Jahre zuvor Carl Zeiss Jena die Aktienmehrheit übernommen hatte.

Vogelbeobachtung wurde also immer bequemer und genauer. Im gleichen Zeitraum entwickelten sich die ersten Organisationen, die sich ausschließlich dem Schutz der Vögel verschrieben. In Deutschland entstand 1899 der Bund für Vogelschutz, gegründet von der deutschen „Vogelmutter“, Lina Hähnle, in Stuttgart. Der Mitgliedsbeitrag betrug im Jahr 50 Pfennig, so dass sich jeder die Mitgliedschaft leisten konnte. Lina Hähnle kämpfte gegen die Hutmode der Zeit, in die riesige Vogelfedern eingearbeitet wurden, und setzte sich Anfang des 20. Jahrhunderts über ihre Beziehungen im Großbürgertum bis in die politischen Kreise hinein für eine Verschärfung des Vogelschutzgesetzes ein. Deutschland alleine reichte ihr nicht für den Vogelschutz, sie machte sich auch in Frankreich und den USA dafür stark und gewann US-Präsident Woodrow Wilson als Mitglied. Heute heißt der Bund für Vogelschutz längst Naturschutzbund, aber in der Tradition von Lina Hähnle kauft der Verband bis heute Landstücke, um damit die Lebensräume von Vögeln zu schützen. Hähnles erster Kauf war der Federsee, der bis heute ein wichtiges Naturschutzgebiet und Habitat für Vögel ist. Das Naturschutzzentrum, gefördert von ZEISS, ist seit Jahrzehnten eine wichtige Anlaufstelle nicht nur für ornithologisch Interessierte, sondern für die allgemeine Öffentlichkeit. Als Schwäbin reiste Lina Hähnle bis zu ihrem Lebensende in der Holzklasse, da sie dort mit den Leuten ins Gespräch kam und neue Mitglieder für den Verband gewann.

In England begann diese Tradition bereits zehn Jahre zuvor mit der Gründung der Royal Society for the Protection of Birds durch drei Frauen. Auch den britischen Gründerinnen war die Ausbeutung der Vögel für die Mode ein Dorn im Auge. In England wurden vor allem Federn von Haubentauchern verarbeitet, wogegen sich der RSPB ab 1889 einsetzte. Nach und nach betreute der RSPB immer mehr Schutzgebiete und ist in Europa mittlerweile einer der mitgliederstärksten Naturschutzverbände mit über einer Million Mitglieder.

In den USA war der Ansatz zur Gründung der National Audubon Society eher ein wissenschaftlicher. Der Zoologe, Verleger und Naturwissenschaftler George Bird Grinnell gründete sie 1905, nachdem er zuvor bereits einige andere Verbände gegründet hatte, mit der Ausrichtung als einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft zum Schutz von Vögeln und benannte sie nach dem Ornithologen und Naturforscher John James Audubon, der die Vögel Nordamerikas in „Birds of America“ erstmals umfassend beschrieb und malte. Grinnell grenzte seine Organisation bewusst gegen die bereits vorhandene „American Ornithologists‘ Union“ ab, die zu der Zeit noch die Jagd auf Vögel für das Sammeln von wissenschaftlichen Daten befürwortete. 

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Zehn Jahre später erzielten die US-amerikanischen Vogelschützer mit der Gründung des Cornell Lab of Ornithology als Organisation innerhalb der Cornell University in Ithaca im Bundesstaat New York einen entscheidenden Schritt zum Studium der Vögel und anderer Wildtiere. Bis heute erforschen zahlreiche Wissenschaftler und Studierende dort, wie die biologische Vielfalt mit Schwerpunkt auf dem Vogelschutz erhalten werden kann. Inzwischen spielen „citizen-science“ Projekte eine zunehmende Rolle – insbesondere mit der eBird-Plattform, in die weltweilt Vogelbeobachtende ihre Sichtungen eintragen. Mit ihrer 1929 gegründeten Macaulay Library betreiben sie eines der weltweit umfassendsten Archive von Tierstimmen und Videoaufnahmen von Tieren. Insgesamt beläuft sich die Sammlung des Archivs auf 175.000 Tierstimmen und 9.000 Arten.

Mit der Gründung von BirdLife International 1922 in London war auch der Grundstein für die internationale Zusammenarbeit Anfang des 20. Jahrhunderts gelegt, die bis heute ein zentraler Rahmen für den internationalen Natur- und Vogelschutz ist. Denn BirdLife International ist das Netzwerk für alle nationalen Naturschutzverbände weltweit, die sich für den Schutz der Vögel einsetzen. Als offizieller Partner der IUCN gibt BirdLife International regelmäßig die rote Liste der gefährdeten Arten heraus und koordiniert die internationalen Schutzmaßnahmen zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Arten. Inzwischen wird die Arbeit zum Einsatz der auf der roten Listen befindlichen Arten von ZEISS unterstützt.

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