So unterscheiden Sie Grünspecht und Grauspecht

Grünspecht und Grauspecht sind nah miteinander verwandt, sollten hinsichtlich ihrer Namensgebung aber doch recht unterschiedlich gefärbt sein, was in der Realität aber nicht zutrifft. Denn beide wirken auf den ersten Blick überwiegend grün gefärbt. Etwas geschickter bei der Namensverleihung waren die Engländer, denn bei ihnen wird der Grünspecht übersetzt wie bei uns genannt, während der Grauspecht treffender als „Graukopfspecht“ bezeichnet wird.

Nicht nur das Aussehen, sondern auch die Lebensweise beider Arten ist sehr ähnlich. So werden Sie gelegentlich als „Erdspechte“ bezeichnet, da sie ihre Nahrung überwiegend am Boden suchen und sich hier auf Ameisen konzentrieren, die sie mithilfe ihrer besonders langen klebrigen Zunge aus ihren Gängen holen. Oft sieht man die beiden im schnellen wellenförmigen Vorbeiflug, und es ist dann nicht ganz einfach, sie rasch „in das Fernglas zu bekommen“, um wichtige Details für die Artbestimmung erkennen zu können. Dabei zeigt sich, weshalb ein Fernglas mit möglichst großem Sehfeld vorteilhaft ist. Es ermöglicht die schnellere Erfassung vorbeifliegender Vögel und damit die Möglichkeit, den fliegenden Vogel noch zu bestimmen, bevor dieser hinter Bäumen oder Büschen verschwindet. So wird auch hier evident, dass ein 8fach vergrößerndes Fernglas oftmals geeigneter ist als ein 10faches, da letzteres innerhalb derselben Modellreihe aus physikalischen Gründen zwangsläufig ein geringeres Sehfeld bietet. Weniger Vergrößerung bedeutet also grundsätzlich mehr Sehfeld, und das bringt in vielen Fällen Vorteile, da der Zugewinn an Vergrößerung durch die unvermeidliche Zitterbewegung des Körpers zu einem nicht unerheblichen Teil aufgehoben wird.

Jedenfalls leben sowohl der Grün- als auch der Grauspecht in baumbestandenem Gelände, wobei der Grünspecht lichtere Bereiche mit geringerer Baumdichte klar bevorzugt. Streuobstwiesen und extensiv bewirtschaftete Gärten mit Bäumen, aber auch aufgelockerte Waldrandzonen sind sein bevorzugter Lebensraum, während der Grauspecht zu den typischen Waldbewohnern zählt. Bedauerlicherweise kann dieser Unterschied in der Lebensraumbevorzugung grundsätzlich nicht als Bestimmungskriterium dienen. Denn vor allem außerhalb der Brutzeit überlappen sich die Habitate so stark, dass man Grünspechte auch mitten in Wäldern und Grauspechte auch in Gärten antreffen kann.

Der Grauspecht ist etwas kleiner als der Grünspecht, was aber nur im direkten Vergleich der beiden Arten auffällt, wie auch die Tatsache, dass der Grauspecht etwas kurzschnäbliger und kurzhalsiger, aber gleichwohl langschwänziger als der Grünspecht ist. Zur Identifizierung beider Arten sollte man sich grundsätzlich auf den Kopf- und Halsbereich der Vögel konzentrieren. Denn der ansonsten helle Kopf des Grünspechts trägt eine kontrastierende tiefschwarze breite Maske um das Auge herum. Letzteres ist bei beiden Geschlechtern hell gefärbt, wogegen das Auge des Grauspechts dunkel ist. Auch besitzt der Grauspecht keine schwarze Maske, sondern einen insgesamt grauen Kopf mit einem schwarzen Zügelstreif und einem recht schmalen schwarzen Wangenstreif. Nur das Männchen trägt einen kleinen, auf den Vorderscheitel begrenzten roten Fleck. Dagegen zeigen beide Geschlechter des Grünspechts einen ausgedehnten roten Scheitel, wobei das Rot bei beiden Geschlechtern vom oberen Schnabelansatz bis zum Nackenansatz reicht, gut sichtbar ist und daher auch als wertvolles Artmerkmal sowohl für sitzende wie fliegende Vögel dient. Der dunkle Wangenstreif ist beim Grünspecht sehr breit und am hinteren Ende auffällig stumpf begrenzt. Beim Weibchen ist er vollständig schwarz, beim Männchen rot mit schwarzer Einfassung, wodurch er allerdings annähernd gleich dunkel wirkt wie der des Weibchens. So ist es oft nur unter guten Lichtverhältnissen möglich, das Weibchen vom Männchen daran zu unterscheiden.

Die Jungvögel des Grünspechts sind relativ hell gefärbt und zeigen bereits einen undeutlichen roten Scheitel, welcher noch stärker von grauen Flecken durchsetzt ist, als dies bei Altvögeln der Fall ist. Das restliche Kopfgefieder ist auf hellem Grund mehr oder weniger intensiv dunkel gefleckt, auch über Hals, Brust und Bauch hinweg bis zu den dunkel gebänderten Unterschwanzdecken. Im Gegensatz dazu sind junge Grauspechte an Kopf und Hals weitgehend ungefleckt grau bis schwach grauoliv gefärbt.

Beide Spechtarten sind sehr ruffreudig und machen durch ihren lauten Reviergesang auf sich aufmerksam. Der Grünspecht produziert überwiegend relativ hart klingende Kjü-kjü-kjü… Rufreihen unterschiedlicher Länge, wobei die Frequenz gegen Ende der Reihe nicht sehr stark abfällt. Die Stimme des Grauspechts ist ähnlich. Die Rufreihen klingen jedoch weicher, eher flötender Küü-küü-küü…. und fallen über die Reihe hinweg in der Frequenzlage stärker kontinuierlich ab als die des Grünspechts. Da das Weibchen des Grünspechts im Vergleich zum Männchen aber auch etwas weicher ruft, ist die Unterscheidung nach der Stimme für den Anfänger nicht selten schwierig es empfiehlt sich deshalb immer, ein gutes Fernglas zur visuellen Bestätigung heranzuziehen. Beide Spechte trommeln, der Grünspecht aber weniger häufig und dann etwa eine gute Sekunde lang schwach und unregelmäßig. Der Grauspecht trommelt hingegen regelmäßig fast doppelt so lang und lauter, wobei die Intensität zum Ende der Trommelsequenz hörbar zunimmt.

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