Von Alexandersittich bis Zwergtaucher wurden am vergangenen Samstag beim bundesweiten Birdrace wieder mehr als 300 Vogelarten festgestellt. Petrus meinte es nicht in allen Regionen gut mit den Teams, sodass mancherorts eisige Temperaturen oder Dauerregen die Teams vor harte Herausforderungen stellte. Knapp 2500 Personen schwärmten in über 800 Teams in die Natur aus und versuchten, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Vogelarten zu finden. Wieder einmal verzichtete dabei etwa die Hälfte der Leute auf die Nutzung eines Autos und bewegte sich per Fahrrad, zu Fuß oder mit Bus und Bahn fort.
Team Aperol Spatz – Ein Bericht aus Taubergießen und Freiburg
Mit unserem Team Aperol Spatz haben wir uns bewusst für das Naturschutzgebiet Taubergießen bei Rust entschieden. Dort ist insbesondere die Vielfalt der Wasservögel sehr groß, aber auch in den Wäldern sind viele Singvögel und Spechte zu finden. Neben des Artenreichtums an Vögeln, beeindrucken dort die Orchideenwiesen. Mit Rädern und Zug sind wir morgens früh ins Gebiet gefahren.
Als Herausforderung hat sich im Laufe des Tages jedoch die Nähe zum Europa-Park herausgestellt. Zum einen hatten wir schöne Froschkonzerte und viele Vogelstimmen – inklusive des Gesangs von Pirolen. Zum anderen begleitete uns die ganze Zeit das Geschrei der Menschen, die Silver Star fuhren. Wir mussten uns also sehr konzentrieren, die Vogelstimmen noch zu hören.
Im Gebiet brüten Gänsesäger, die wir beobachten konnten. Sonst sind auch viele Eisvögel zu sehen, die uns jedoch in diesem Jahr versagt blieben. Dafür haben wir Eichhörnchen und Frischlinge gesehen.
Den Tag beendeten wir mit 47 Vogelarten, darunter so gut wie alle Enten- und Gänsearten, einem Silberreiher sowie zahlreichen Singvögeln. Abends wollte unser Freiburger Team-Mitglied noch Eulen am Schönberg in Freiburg ticken, jedoch machte auch hier die Partywelt unseren Zielen einen Strich durch die Rechnung. Fast an jeder Ecke gab es eine Party der Studierenden, so dass keine Vögel mehr zu finden waren.
Unser jüngstes Mitglied von 11 Jahren entwickelte jedenfalls den Tag über den größten Ehrgeiz und hat für das nächste Jahr ein klares Ziel ausgegeben: Vor 50 Arten darf keiner nach Hause gehen!
Erschwerte Bedingungen zu Beginn auch weiter nördlich: Team LeezenZEISSisge vom DDA Münster
Auf das Stadtgebiet von Münster beschränkte sich das von ZEISS unterstützte Team „LeezenZEISSige“. „Leeze“ steht im Münsteraner Dialekt für Fahrrad und mit diesem Fortbewegungsmittel waren Behrend Dellwisch, Jakob Katzenberger, Christopher König und Sven Trautmann, vier Mitarbeiter des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten als Ausrichter des Birdraces, in der Fahrradstadt unterwegs. Akustisch gab es hier keine Probleme bei der Erfassung der Vögel, aber bis weit in den Vormittag hinein herrsche dichter Nebel mit sehr geringen Sichtweiten. Keine Chance dabei rastende Vögel im Offenland zu entdecken und selbst auf die Aktivität der Waldvögel wirkten sich diese Bedingungen deutlich aus.
So konnten am Ende nur zwei von insgesamt 13 in Münster gestarteten Teams einen Mittelspecht finden, obwohl die Art im Münsterland weit verbreitet ist – und eigentlich sicher geglaubt war. Doch nachdem der Nebel sich verzog, gab es eigentlich keinen Grund zum Klagen mehr. Kaum riss die Wolkendecke auf, stiegen die Greifvögel in die Höhe und innerhalb weniger Minuten konnte das Team Wespenbussard, Rotmilan und Rohrweihe auf der Liste ankreuzen, während nebenan eine der wenigen verbliebenen Feldlerchen im Stadtgebiet ihr Lied trällerte. Den Nachmittag und Abend verbringen alle Münsteraner Teams traditionell in den Rieselfeldern. Dieses EU-Vogelschutzgebiet ist ein absoluter Hotspot der Vogelartenvielfalt. Schaut man sich die Daten des Online-Portals ornitho.de an, so wurden dort allein in diesem Jahr bereits 142 verschiedene Vogelarten gemeldet. Darunter natürlich auch zahlreiche Wintergäste und Rastvögel, die inzwischen längst weitergezogen sind.
Insgesamt 136 Arten fand das beste Team in Münster beim Birdrace 2023. Die „LeezenZEISSige“ kamen auf zufriedenstellende 122 Arten mit (neben dem Mittelspecht) so „schmerzhaften“ Lücken wie Steinschmätzer und Braunkehlchen, dafür aber Arten wie Baumfalke und Sumpfrohrsänger, die bei einem Birdrace in Münster keinesfalls selbstverständlich sind. Dank finanzieller Unterstützung u.a. von ZEISS konnte das Team damit mehr als 1200 Euro im diesjährigen Spendenrennen für die Weiterentwicklung von ornitho.de sammeln.t voller Vorfreude auf das nächste Birdrace am 4. Mai 2024.
Insgesamt war es bei nach dem Nebel sehr angenehmen und teils frühsommerlichen Bedingungen ein wundervoller Tag in der Natur. Über 100 Kilometer radelten die Vier durch das Stadtgebiet und sind schon jetzt voller Vorfreude auf das nächste Birdrace am 4. Mai 2024.
Team Mülltölpel – Verein Jordsand
Noch weiter nördlich ging das Team vom Verein Jordsand an den Start:
Nach dem munteren Auftakt der Kooperation zwischen ZEISS und dem Verein Jordsand während des DDA-Birdrace 2022 trat das Team „Die Mülltölpel“ auch in diesem Jahr voller Motivation zum 19. DDA-Birdrace am 6. Mai 2023 auf Helgoland an. Die Teammitglieder Elmar Ballstaedt, Lennart Haak und Mirko Kandolf wurden in diesem Jahr durch Marius Holtkamp und Lukas Ehmke ergänzt und konnten insgesamt 116 Arten (94 Arten 2022) beobachten. Pro Art wurde 5,00 Euro gespendet – somit kam eine Summe von 580,00 Euro zusammen!
Wir starteten um kurz nach 4:30 Uhr im Oberland-Ort. Unser erstes Ziel war das Oberland, wo wir möglicherweise eine Schnepfen- oder Eulenart im Halbdunkeln beobachten wollten. Doch es kam viel besser: Der erste gemeinsame Vogel war eine jagende Nachtschwalbe, ehemals Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), eine Art, die auf Helgoland nur unregelmäßig beobachtet wird und gleichzeitig den bisher einzigen Nachweis dieser Art für 2023 darstellte. Auch mindestens zwei Sumpfohreulen (Asio flammeus) konnten wir während der „Dunkelrunde“ beobachten. Im Anschluss an die erfolgreiche Oberlandrunde ging es ins Mittelland, wo sehr hohe Anzahlen an Singvögeln über Nacht angekommen waren. Vor allem Dorngrasmücken (Curruca communis), Gartenrotschwänze (Phoenicurus phoenicurus) und Fitisse (Phylloscopus trochilus) konnte man in außergewöhnlicher Zahl beobachten.
Aber auch sonst nicht in großen Mengen auftretende Vogelarten wie Braunkehlchen (Saxicola rubetra) und Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) flogen einem an jeder Stelle vor das Fernglas. So konnten wir schon eine Vielzahl von Singvögeln im ersten Licht beobachten und fuhren anschließend um 8:00 Uhr auf die Düne. Die Morgenstunden sind hier für die Beobachtung von Limikolen (Watvögel) meist am ergiebigsten.
So auch an diesem Tag – wir konnten an beiden Süßwasserteichen einige Arten wie z. B. Zwergschnepfe (Lymnocryptes minimus) und Bruchwasserläufer (Tringa glareola), beobachten. Aber auch eine Steppenweihe (Circus macrourus) – auf Helgoland nicht alljährlich zu beobachten – gehörte zu den Highlights.
Beim „Seawatchen“ konnten wir neben einigen Möwen- und Seeschwalbenarten auch die ersten Trauerseeschwalben (Chlidonias niger) des Jahres 2023 beim Jagen beobachten. Auch der einzige Wendehals (Jynx torquilla) des Tages konnte von uns auf der Düne am Minigolf entdeckt werden. So ging ein sehr erfolgreicher Vormittag auf der Düne mit um die 100 Arten im Gepäck zu Ende und wir fuhren wieder zurück auf die Hauptinsel. Im Nordostgelände inklusive der Ostklippe dem Kurpark und dem Kurgelände kamen auch tagsüber immer noch sehr viele Vögel an. So hüpften Grasmücken, Laubsänger und Schnäpper teils gemeinsam in kleinsten Büschen oder suchten gemeinsam am Boden nach Nahrung – es war ein außergewöhnliches Spektakel und teilweise auch ein wenig surreal. Auch einige neue Arten wie z. B. Alpenbirkenzeisig (Acanthis cabaret) oder Stieglitz (Carduelis carduelis) kamen noch auf die Beobachtungsliste.
Als wir gerade in der Findungsphase waren, wo wir als nächstes hingehen möchten, kam die Meldung einer Rötelschwalbe (Cecropis daurica) von der Düne. Das Individuum wurde nur kurz gesehen und als wir noch das weitere Vorgehen planten ob und wie wir das Tier sehen könnten, wurde die Schwalbe an der Nordspitze wiederentdeckt. Also ging es ab aufs Oberland, wo wir die Schwalbe in der Nähe des Leuchtturms für uns wiederentdecken konnten. Hier jagte sie dann einige Zeit und stellte das Highlight eines außergewöhnlichen Vogelzugtages dar. Für uns alle war es entweder eine neue Art für Deutschland – für zwei von uns sogar eine Erstsichtung! Rötelschwalben brüten in Europa im Mittelmeerraum und verfliegen sich jährlich auch bis nach Deutschland – auf Helgoland war aber schon einige Jahre keine mehr nachgewiesen!
Im Anschluss gingen wir es ruhiger an, und genossen die einzigartige Stimmung mit den ganzen anwesenden Zugvögeln.
Insgesamt umfasste unsere Beobachtungsliste am Ende des Tages 116 Arten. Neben den für Deutschland einzigartigen Seevögeln konnten wir 50 Singvogelarten und einige Seltenheiten beobachten. Zusätzlich war es mit Abstand einer der besten Frühlingszugtage in diesem Jahr mit einer schier unüberblickbaren Menge an Singvögeln. Entsprechend war es ein zweites gelungenes Birdrace innerhalb der langfristigen Zusammenarbeit und „Die Mülltölpel“ bedanken sich ganz herzlich für diese großartige Aktion – wir werden in den kommenden Jahren weiterhin unser Bestes geben und freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Birdrace
Seien auch Sie dabei und schauen Sie einmal, wie viele Vogelarten Sie in Ihrer Umgebung entdecken können!…