Die Alters- und Geschlechtbestimmung „brauner“ Kornweihen blieb über lange Zeit unklar, obwohl die Autoren Clark und Forsman hierzu bereits wichtige Grundlagenarbeit geleistet hatten. Dies konnte dennoch nicht verhindern, dass die Angaben in verschiedenen Bestimmungsbüchern inklusive dort präsentierter Abbildungen widersprüchlich waren und mit der Realität oft nicht übereinstimmten.
Die dieses Winterhalbjahr durch geringen Bruterfolg relativ häufigen adulten Weibchen der Kornweihe fallen in ihrer Silhouette bereits durch einen kräftigen Körperbau mit breiten abgerundeten Flügeln auf. Darüber hinaus zeigen sie im Armbereich des Unterflügels ein auffälliges, durch ein davor verlaufendes schmales helles Band sehr deutlich abgesetztes breites und sich zum Körper hin weiter ausdehnendes schwarzes Terminalband (Abb.1).
Dadurch unterscheiden sie sich von den sonst recht ähnlich aussehenden, aber schmal- und spitzflügeliger gebauten juvenilen Männchen, bei denen sich die helle Bänderung des Unterarmes rumpfwärts weniger stark verschmälert und dadurch einen nahezu parallelen Eindruck erzeugt (Abb. 2).
Durch den sowohl für adulte Weibchen wie für junge Männchen typischen geringen Gesichtskontrast wurden diese in der Vergangenheit auch in der Literatur gelegentlich verwechselt. Auch die gerundeten Züge der Gesichtszeichnung ist alten Weibchen und jungen Männchen gemein. Hier hilft nur ein Blick auf den hellen Kragen weiter, denn dieser ist bei alten Weibchen stärker reduziert, meist undeutlich und schmal, während er sich bei jungen Männchen noch überwiegend breit und deutlich abzeichnet. Alten Weibchen fehlen meist auch die für viele Greifvögel typischen deutlichen „Nackenflecken“ die sich bei fast allen Jungvögeln – weiblichen wie männlichen Geschlechts – erkennen lassen.
Junge Weibchen (Abb. 3) unterscheiden sich von adulten Weibchen und jungen Männchen sehr deutlich durch ihre eckigere und kontrastreiche Gesichtszeichnung. Bezeichnend ist hier die als „Bartfeld“ bezeichnete und fast immer ausgeprägte dunkle Anbindung der braunen Wangenmaske zum Schnabelansatz. Der Übergang von der hellen Augeneinfassung zur dunklen Wangenmaske ist relativ hart und zeigt dadurch einen stärkeren Kontrast als bei alten Weibchen und jungen Männchen. Im Gegensatz dazu ist die Unterseite junger Weibchen weniger kontrastreich gefärbt als bei alten Weibchen und jungen Männchen. Über die Armunterseite verlaufen weniger deutliche, zum Körper hin meist schmaler und dunkler ausgeprägte helle Bänder, welche soweit reduziert sein können, dass sie nur noch ansatzweise oder gar nicht mehr erkennbar sind. Die Körperunterseite junger Weibchen ist verhältnismäßig monoton gefärbt und gezeichnet. Die dunkle Strichelung zeigt sich von der Brust bis zu den Unterschwanzdecken hin kontinuierlich dünner und spärlicher. Junge Männchen und besonders adulte Weibchen sind unterseits abwechslungsreicher und oft auch „farbiger“ gestrichelt und teilweise getropft. Entgegen bisheriger Auffassung ist die Augenfarbe als Bestimmungsmerkmal mit großer Vorsicht zu behandeln, denn sowohl juvenile wie adulte Weibchen können eine gelbe Iris aufweisen, was bei juvenilen Männchen aber bereits ab dem ersten Herbst die Regel darstellt.
Obwohl viele Kennzeichen eine mehr oder weniger starke Überlappung zeigen, lässt sich durch deren Kombination eine Zuordnung in mehr als 99 Prozent aller Fälle erzielen, insbesondere dann, wenn aufgrund guter Beobachtungsbedingungen und der Verwendung hochwertiger Optik mehrere Merkmale erkennbar sind.
Dennoch gehört die Alters- und Geschlechtsbestimmung weibchenfarbiger Kornweihen keinesfalls zu den leichten ornithologischen Aufgaben und ist daher für den Anfänger schwierig. Aber auch fortgeschrittenen Ornithologen gelingt die Identifizierung erst nach einiger Übung und daraus resultierender Erfahrung. Diese Qualifikation vermittelt jedoch ein unter Beschreibung zusätzlicher Merkmale noch weiterführender und mit den Bildern von 57 verschiedenen Kornweihen illustrierter Fachartikel, der auf folgender Website heruntergeladen werden kann: