Was die ZEISS DTI 3/35 wirklich kann

Ein Testbericht von Rouven Kreienmeier

Im Frühjahr 2020 kündigt der Optikpionier ZEISS endlich seine erste Wärmebildkamera an. Ein halbes Jahr lang durfte ich einen Prototyp der neuen ZEISS DTI 3/35 vor der Markteinführung testen. Nun halte ich auch das fertige Modell in den Händen und es Zeit für ein erstes Resümee.

Die DTI 3/35 kommt in einer typischen ZEISS Verpackung. Die Wärmebildkamera liegt in einer kleinen Transporttasche aus 100% recycelten Kunststoff. Neben einem Trageriemen, Lade- und USB-Kabel gibt es auch 3 Adapter für die populärsten Jagdländer der Welt, ein Optikreinigungstuch und der übliche Papierkram und Anleitungen. Mit dem Auspacken steigt die Vorfreude auf die Praxis. Ein wenig wie an Weihnachten.

Oberseite und Knopfanordnung der DTI 3/35

Die DTI im Überblick

Die DTI 3/35 fühlt sich wertig an. Die Gummierung bietet einen rutschfreien Griff. Das Gerät hat ein konisches Design und fasst sich hervorragend mit beiden Händen an. In der Praxis ist das nicht zu unterschätzen. Nachts schone ich mein rechtes Schießauge, also halte ich die Wärmebildkamera in der linken Hand und schaue mit dem linken Auge. Zählen wir vom Auto aus Rotwild schaue ich aus dem Beifahrerfenster mit der rechten Hand und mit meinem rechten Auge. Das Design der DTI ermöglicht dies intuitiv.

Vor allem auch, weil die Bedienknöpfe nicht stumpf aneinandergereiht sind. Selbst in rabenschwarzer Nacht ist eine Verwechslung der Knöpfe nahezu ausgeschlossen. Man muss sich die Positionen der Buttons nicht merken, da sie sich einfach erfühlen lassen. Der vorderste Button schaltet das Gerät ein oder in den Standby. Der Record-Button liegt kreisrund vor der Wippe, welche selbstredend den Zoom in 0.5er Schritten oder das Menü bedient. Letzteres erreicht man über langes Drücken des hinteren Buttons. Durch kurzes Drücken dieser Menütaste verstellt man den Farbmodus.

In der ZEISS DTI 3/35 ist ein großer LCOS Display verbaut. Die Auflösung beträgt 1280 x 960 Pixel und das Bild wird mit einer Frequenz von 50 Hertz erneuert. Das Bild ist klar und schaut sich auch über längere Zeit angenehm an.

Möchte man gerade nicht mit der DTI beobachten, sondern Pirschen oder schießen, trägt man sie mit dem mitgelieferten Riemen. Dank zweier Ösen baumelt sie nicht störend auf der Brust hin und her. Störend habe ich beim Prototypen allerdings in der Nacht die helle Kontrollleuchte empfunden und daher abgeklebt. Das grüne Licht zeigt an, ob die Kamera im Betrieb oder Stand-By ist. Rotes leuchten zeigt einen schwachen Akkustand an. ZEISS hat hier erfreulicherweise nachgebessert und die Helligkeit im Serienmodell deutlich abgesenkt. Ob man sie trotzdem abklebt, ist Geschmackssache.

Riemenhalterung an der Unterseite der DTI

Der Akku

Klebt man die Leuchte ab, besteht zumindest die Gefahr, die Kamera nach der Jagd nur im Standby zu lassen. Bestraft wird man dann mit einem leeren Akku beim nächsten Ausgang, da es keine Abschaltautomatik gibt. Die eigene Nachlässigkeit ist ärgerlich, da der Akku nicht austauschbar ist. Dafür hält er je nach Temperatur und Nutzungsverhalten mit bis zu 7 Stunden deutlich länger als andere Wärmebildgeräte in dieser Klasse.  Ganze 3 Ausgänge habe ich ohne leerzulaufen mit einer Akkuladung geschafft.

Die DTI 3/35 wird durch langes Drücken des Power-Buttons eingeschaltet. Bis die Kamera vollständig hochgefahren ist, dauert es gemessene 11 Sekunden. Durch kurzes Drücken wird die Kamera in den Standby versetzt und ist nach einem weiteren kurzen Drücken sofort wieder da. In der Praxis empfiehlt es sich also die Kamera im Standby zu lassen, um schnell auf Geräusche oder Bewegungen reagieren zu können. Um den Akku braucht man sich hierbei nicht zu sorgen. Der hält auch eine lange Pirsch im Standby mühelos durch. Die Wärmebildkamera kalibriert sich automatisch von selbst. Also das „Klicken“ während des Gebrauchs. Der Kalibriervorgang ist deutlich schneller als eine halbe Sekunde und tritt nur sehr selten auf. Das Geräusch ist sehr leise und die Funktion kann bei Bedarf im Menü auf manuell umgestellt werden. Allerdings ist das nicht praxistauglich.

Der Sensor

Das Herzstück der DTI ist der Sensor mit einer Auflösung von 384 x 288. Da ist zukünftig vor allem durch technologischen Fortschritt Luft nach oben, aber in der Preisklasse der DTI ist der Sensor voll auf der Höhe. Übrigens kann die Software einer Wärmebildkamera noch eine Menge aus dem Sensor rauskitzeln. Das merke ich vor allem im direkten Vergleich des Prototypen mit dem Serienmodell. Durch regelmäßige Updates des Herstellers ist also in der guten Bildqualität ebenfalls noch eine Steigerung zu erwarten.

Blick auf die Germanium Linse der DTI 3/35, Die Linse wird durch eine gut haltende Gummiabdeckung geschützt.

Die optische Grundvergrößerung der DTI liegt bei 2.5 mit einem Sehfeld von 19 Metern auf 100 Meter Entfernung. Für mich macht das die DTI zu einem guten Kompromiss für die Feld- und Waldjagd. Sowohl Pirschen als auch Ansitzen auf weite Distanzen sind mit hohem Sehkomfort möglich. Die Reichweite wird mit weit über 1000 Metern angegeben. Nur selten spielen solche Entfernungen jagdlich eine Rolle, weshalb ich auch nicht weiter darauf eingehen möchte. In jedem Fall ist es kein Problem, beispielsweise Rotwild auf 300 Meter zu identifizieren und von anderen Wildarten sicher zu unterscheiden. In Punkto Bildqualität möchte ich jedoch die Aufnahmen am Ende des Berichts für sich sprechen lassen.

Die Trümpfe

Die ZEISS DTI 3/35 ist mit etwa 2950 Euro nicht die preisstärkste Kamera in ihrem Segment. Dafür hat sie aber noch 3 starke Trümpfe.  

Trumpf 1

Zum einen ist da die Hunting App von ZEISS. Diese bietet eine Menge nützliche Funktionen, wie die Wettervorhersage, ein Jagdtagebuch oder die Möglichkeit das eigene Jagdrevier zu digitalisieren. Außerdem kann man über die App seine Produkte registrieren und teilweise auch mit dem Handy verbinden. Im Fall der DTI geschieht das über WLAN und so ist es möglich, das Bild der DTI über sein Tablet oder Smartphone zu streamen. Auf dem Hochsitz kommt diese Funktion wohl kaum zum Einsatz, bei der Gummipirsch oder nächtlichen Wildzählung schon eher. Alle Fahrzeuginsassen können das Geschehen mitverfolgen. Außerdem lassen sich die geschossenen Bilder oder Videos von der DTI problemlos über die App auf das Handy herunterladen. Das Schöne daran ist, dass die Dateigrößen wegen der Sensorauflösung sehr klein sind und dadurch das Handy nicht zugemüllt wird.

Trumpf 2

ZEISS gewährt ganze zwei Jahre Garantie auf die Wärmebildkamera und wenn man sie binnen 4 Wochen nach dem Kauf registriert, gibt es sogar ein Jahr Garantie obendrauf. Richtig – drei Jahre Garantie! Für die ganze Wärmebildkamera. Also auch auf das anfälligste Bauteil einer Wärmebildkamera, den Akku.

Trumpf 3

Wenn dann doch mal etwas passiert, kommt der dritte Trumpf ins Spiel: der Service. Jeder weiß, dass ZEISS für einen spitzen Kundenservice bekannt ist. Beschädigt ihr eure DTI, schickt ihr sie einfach nach Wetzlar zum Kundenservice oder lasst es euren Händler tun. Euer Produkt geistert nicht irgendwo in Europa hin und her, sondern wird von kompetenten Fachkräften in Deutschland repariert.

Und nun folgen schlussendlich die Aufnahmen der DTI aus der Praxis.

Über den Autor