Birder von Beruf

Die Natur schützt mich

Noams Zuhause war kein sicherer Ort. Mit acht Jahren zog er täglich nach der Schule Schutz suchend in den nahegelegenen Wald in den Bergen Jerusalems. Natur bedeutete Freiheit und Sicherheit, die er zu Hause nicht erlebte. Im Wald spielte er entspannt, lebte seine Neugierde aus und war einfach glücklich. Nie hat die Natur ihn hängen lassen, wie er erzählt: „In der Natur hatte ich das Gefühl der Kontrolle, ich hatte eine echte Chance im Leben und konnte das ausleben, was in mir war.“ Von der Energie und Vielfalt der Natur lernte er und entwickelte sich zu einem stabilen, ausgeglichenen Menschen.

Mit zehn Jahren bekam Noam sein erstes Vogelbestimmungsbuch mit Fernglas. Plötzlich bekamen die Vögel um ihn herum Namen, obwohl er sie schon lange von seinen täglichen Streifzügen kannte. Er lernte Mitglieder des „Jerusalem Bird Club“ kennen und erfuhr, dass er mit seinem Interesse nicht allein war in der Region. Details in der Natur wurden für Noam nun immer relevanter, er konnte sie zuordnen und hatte Bezeichnungen für sie. Bei alldem, was er vom Wald lernte, war und ist die emotionale Verbundenheit mit der Natur seine Triebkraft.

HEUTE SAGT NOAM WEISS: „DIE NATUR UND ICH HABEN UNS NIE GEGENSEITIG HÄNGEN LASSEN. SIE WAR MEIN SICHERES ZUHAUSE UND ICH FING AN, SIE ZU SCHÜTZEN.“

Über die Börse zum Vogelschutz
Während seines Studiums an der Universität blieb die Natur sein sicherer Zufluchtsort. Dennoch widmete er sich inhaltlich einem anderen Interesse und studierte Nahost- und Islamwissenschaften. Mit dem Abschluss in der Tasche landete er bei der Börse, wo er viele Jahre lang arbeitete. Für Vogelbeobachtung blieb nicht viel Zeit übrig. Erst durch eine lange Krankheit besann er sich auf sein altes Hobby und die heilsame Kraft der Natur, die er immer erlebt hatte, sowie für sein Interesse am Naturschutz.

Als Freiwilliger kam er zur Vogelberingung und etwas später nach Eilat. Im Internationalen Vogelbeobachtungs- und Forschungszentrum bekam er im Jahr 2005 einen Job angeboten: Noam sollte ein Bildungs- und Tourismuskonzept sowie ein Angebot für ehrenamtliches Engagement entwickeln. Die Idee dahinter war, neue Zielgruppen ohne großen Bezug zur Natur für diese zu begeistern. Seit 2014 organisiert Noam nun das Zentrum in Eilat als Direktor und ist bei der Israelischen BirdLife-Organisation, der Society for the Protection of Nature in Israel (SPNI), angestellt.

Vogelschutz am schönsten Platz der Welt
Eine zentrale Aufgabe in Eilats Vogelschutzzentrum ist, die Habitate an einem der wichtigsten Orte für Zugvögel weltweit zu schützen. Noam erklärt: „Unser Hauptziel ist es, die Zugroute der Vögel sicher zu halten, ohne jegliche Risiken.“ Eilat ist die Hafenstadt und der Urlaubsort am nördlichsten Punkt des Golfs von Akaba, einem der beiden langgestreckten Buchten des Roten Meers. Hier kommen so gut wie alle Vögel auf ihrem Flug zwischen Europa, Asien und Afrika vorbei. Die Artenvielfalt ist beachtlich und daher bleibt Eilat der Hot Spot für Ornithologen.

Noam und sein Team beobachten den Zustand der Vögel, beringen sie und vor allem überwachen sie ihre Habitate. Hauptsächlich involvieren sie die Öffentlichkeit in den Naturschutz und überzeugen jeden Einzelnen, welche Bedeutung sein Feld oder sein Garten als Lebensraum für die Zugvögel hat. Schüler führen sie sehr früh in das Thema mit Führungen und Mitmachangeboten ein. Junge Freiwillige aus der ganzen Welt unterstützen sie bei ihrer Arbeit. Noams Aufgabe liegt darin, die Leidenschaft, Energie und die Fähigkeiten der Freiwilligen zu kanalisieren, damit alle auf ihre Kosten kommen und einen wichtigen Beitrag für das gewaltige Projekt in Eilat leisten.

Leidenschaft und Lebensaufgabe
Überhaupt liegt Noams großes Talent darin, Menschen zusammenzuführen und sie mitzureißen. Er braucht niemanden zu überzeugen. Wenn er mit seiner besonderen Art, die immer ein Augenzwinkern enthält und niemals verbissen ist, erklärt, worum es geht, versteht es jeder. Sein größtes Projekt war, mit seinen Kollegen eine Windparkanlage in Eilat in den Jahren 2016/2017 zu verhindern.

Bei allen positiven Seiten der Windenergie hätte das das tödliche Ende der Reise zahlloser Vögel bedeutet, bevor sie ihr Sommer- oder Winterquartier erreichen.

Noam und seine Mitstreiter aktivierten bedeutende Wissenschaftler und öffentliche Meinungsmacher, zogen zu jeder politischen Sitzung, ja sogar ins Parlament. Mit einer eigenen Studie veranschaulichten sie die potentiellen Auswirkungen des Projekts. Die Regierung wollte das Projekt für ihre Politik der sauberen Energie. Und der Kibbuz, in dem die Windräder stehen sollten, hatte die Aussicht auf Millionen an Einnahmen. Keiner glaubte mehr an eine Chance, das verhängnisvolle Projekt zu stoppen, bis die intensive kommunale Öffentlichkeitsarbeit des Teams aus dem Naturschutzzentrum doch noch Wirkung zeigte. Die Mitglieder des Kibbuz als Teil des Projektes stimmten gegen den Bau.

EGAL, WO NOAM AUF INTERNATIONALEN BIRDING EVENTS AUFTRITT, VERSAMMELN SICH DIE VOGELSCHÜTZER UM IHN. ALLE SCHÄTZEN IHN UND KENNEN IHN VON DEM JÄHRLICH BEDEUTENDEN EVENT DER VOGELBEOBACHTER, CHAMPIONS OF THE FLYWAY IN EILAT.

Jonathan Meyrav hat das große Fest des Vogelzuges 2014 entwickelt und organisiert seitdem das jährliche Bird Race mit großem Spendensammeln für den Vogelschutz. Noam ist Gastgeber, hilft bei der Organisation und nimmt aktiv mit seinem israelisch-palästinensischen Team „The Palestininan Sunbirders“ teil.
Die unterhaltsamen Filme über den großen Wettbewerb, so viele Vögel als möglich in 24 Stunden zu sehen, illustrieren, worum es Noam wirklich geht. Er freut sich, so viele Vogelenthusiasten aus der Welt zu beherbergen und selbst mit seinem eigenen Team, das politische Grenzen überwindet, den Tag mit viel Spaß und gemäßigtem Siegeswillen einfach zu genießen.


KURZFILME ÜBER DAS EVENT

Champions of the Flyway 2017

Champions of the Flyway – Birding Extreme


Noam selbst nennt sich einen „24/7 birder“, der selbst im Urlaub und mitten im Zentrum einer Großstadt noch sein ZEISS Victory SF Fernglas um den Hals trägt. Glücklicherweise ist er mit einer Biologin verheiratet, die Verständnis dafür zeigt. Als Zufluchtsort genoss Noam früher die Natur in erster Linie für sich alleine. Da er ihr jedoch etwas zurückgeben wollte, musste er in seinem Engagement andere mit aktivieren und sie vom Naturschutz überzeugen. Seine Leidenschaft und positive Ausstrahlung ist jedoch so ansteckend, dass selbst Unbedarfte verstehen, warum Vogel- und Naturschutz wichtig sind: Wir schützen uns damit selbst.


MEHR INFORMATIONEN

Die Familie der Vogelzugschützer


Naturerlebnis mit der Familie

mit Spieltipps für Kinder in der Natur

Manchmal sind unsere Kinder bei Spaziergängen so mit Meckern beschäftigt, dass sie nichts mehr um sich herum wahrnehmen. Nur weil die Eltern Freude an der Vogel- und Naturbeobachtung haben, lassen sich die Kinder noch lange nicht davon anstecken. „Vogelbeobachtung ist langweilig!“

Erst wenn die ersten Feldhasen ihren Weg kreuzen oder sich ein Reh blicken lässt, verbessert sich die Laune der Kinder. Als Kleinkinder waren Vögel noch fester Bestandteil ihres Lebens: Kaum redeten unsere Kinder, unterschieden sie zwischen Blaumeise, Amsel oder Rotkehlchen.

DIE JEWEILIGEN ARTENBEZEICHNUNGEN HATTEN SIE FRÜH FÜR EINDEUTIGE, GÄNGIGE ZUORDNUNGEN GEHALTEN UND WUNDERTEN SICH DARÜBER, DASS MANCHE EINFACH VOGEL SAGTEN. MIT DIESEM ÜBERBEGRIFF KONNTEN SIE NICHT VIEL ANFANGEN, WENN EINE KOHLMEISE VOR IHNEN AN DER WASSERTRÄNKE BADETE.

Vogelbeobachtung ist etwas Ungewöhnliches

Während der Kindergartenzeit stellten sie jedoch fest, dass kaum ein anderes Kind die Unterscheidung zwischen den Vogelarten vornahm. Zudem sahen sie die erstaunten Gesichter der Erwachsenen, wenn sie bei einem Kindergartenausflug meinten „Papa ist nicht da, der zählt Vögel“, wenn er für ein ornithologisches Gutachten unterwegs war. Irgendwie schien dies etwas Ungewöhnliches zu sein mit der Vogelbeobachtung. So stellte unsere kleine Tochter eines Tages unmissverständlich fest, dass unser Spezialinteresse nichts für Kinder sei:

Wir sahen beim Familienausflug ein Schwarzkehlchen und die Kinder stritten sich ums Fernglas. Nachdem die Kleine das Fernglas der Großen abgeben musste und das Vergnügen erstmal vorbei war, meinte sie nur enttäuscht: „Was mache ich jetzt damit, dass ich das Schwarzkehlchen gesehen habe? Das kann ich sowieso niemandem erzählen, das interessiert kein anderes Kind! Vielleicht gerade mal noch eine Erzieherin. Vögel sind langweilig!“

Größere Augen, größerer Körper und mehr Fell

Inzwischen konzentrieren wir uns bei Ausflügen mehr auf Tiere mit größeren Augen und größerem Körper. Die stehen bislang einfach höher im Kurs. In einigen Wald- und Freiflächen unserer Umgebung sehen wir fast immer Feldhasen. Ihre Größe ist für die Kinder bereits beeindruckend im Verhältnis zu den eigenen Kaninchen. Auch wenn die Hasen sehr schnell sind, entdeckt man sie doch mit bloßem Auge. Ebenso Füchse oder Hirsche tauchen hin und wieder auf.

Einmal sprang ein Reh nur etwa 100 Meter von uns entfernt vorbei. Beide Kinder reagierten sofort und blieben ganz ruhig stehen. Auch das Reh blieb stehen und sah sich um. Wir hängten dem ersten Kind das Fernglas um und passten es auf ihren Augenabstand an. Die Kleine war selig: „Es schaut mir direkt in die Augen!“ So nah kam sie dem Reh mit dem Fernglas und erlebte eine unmittelbare Verbindung mit dem Tier, die sie nachhaltig beeindruckte.

LETZTENDLICH IST VOM KLEINEN KÄFER BIS ZUM HIRSCH JEDES TIER INTERESSANT FÜR DIE KINDER, WENN SIE IHM SO NAHE ALS MÖGLICH KOMMEN – ENTWEDER MIT DEM FERNGLAS, ÜBER GESCHICHTEN ODER DIREKT AUF DER HAND, SOLANGE ES DIE TIERE NICHT STÖRT.

Von der Ameise bis zum Wiesel

Inzwischen fangen unsere Kinder Molche, Grashüpfer und Käfer sehr geschickt, um sie nach der Betrachtung gleich wieder ziehen zu lassen. Nur Blindschleichen sind ihnen nicht geheuer und bei den Dachsbauten wollen sie auch schnell weiter. In irgendeinem Kinderbuch spielt der Dachs eine gefährliche Rolle. Selbst wenn wir das aufklären konnten, wollen sie ihm lieber nicht persönlich begegnen.

Und was die Vögel angeht, gibt es doch Hoffnung: Als sich ein Junge aus dem Bekanntenkreis neulich brennend für die Greifvögel in der Luft interessierte, erklärten unsere Kinder ihm, wie er an dem gegabelten Schwanz erkenne, dass es ein Roter Milan sei. Irgendetwas nehmen sie aus dem Naturerlebnis immer mit – trotz anfänglichen Meckerns.

Spieltipps für Kinder in der Natur

  • Spurensuche: Als kleine Detektive vergleichen die Kinder mit Lupe und Bestimmungsbuch Fußabdrücke oder die Exkremente auf Feldwegen und dem Waldboden und ordnen sie den Tieren zu.
  • Fahndungsliste: Vorab eine Liste mit wahrscheinlichen Tierarten vom Käfer bis zum Säugetier erstellen, in Wald und Wiese danach Ausschau halten und diese dann abhaken.
  • Waldolympiade: Mit Zapfenweitwurf, Weitsprung mit Stöckchenmaß, Hürdenlauf oder Balancieren auf Baumstämmen.
  • Karneval der Tiere: Nacheinander verschiedene Tiere nachahmen, sich wie sie bewegen, ihre Geräusche imitieren und die anderen erraten lassen.
  • Hüja, Pferdchen: Mit einem Seil Kinder als Pferdchen Traben, Schritt und Galopp gehen lassen. Das Seil dient dann auch als Lasso für die kleinen Cowboys and Cowgirls oder hilft beim Hochklettern an Bäumen.
  • Vogelrätsel: Wie viele unterschiedliche Gesänge hören die Kinder.
  • Wald-Memory: Mit Holz ein kleines Quadrat abgrenzen und mit Zapfen und Stöckchen die Kinder ein Bild legen lassen. Danach schauen die Kinder weg und zwei Elemente verschwinden. Welche sind es?
  • Rucksack wirkt Wunder: Spaziergänge sind langweilig, Wanderungen mit Rucksäcken und eigenem Proviant dagegen sind Abenteuer. Am besten noch eine Lupe für Insekten und Blätter einpacken.