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Effizientere Forschung in der Pathologie

Die neue, schnellere Strategie nutzt elektronenmikroskopisches SEM-Imaging für die ultrastrukturelle Analyse großer Gewebeschnitte

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Die Elektronenmikroskopie ist ein unverzichtbares Werkzeug für Pathologen, da sie hochauflösende Bilder von Gewebestrukturen, Zellen, Organellen und Mikroben bereitstellt. Ultrastrukturelle Analysen großer Gewebebereiche können jedoch eine Herausforderung darstellen und zeitaufwändig sein.

Dr. Mike Reichelt, Direktor der Forschungsgruppe bei Genentech, Inc. (USA)
Dr. Mike Reichelt, Direktor der Forschungsgruppe bei Genentech, Inc. (USA)

Wir haben mit Dr. Mike Reichelt, einem leitenden Forscher bei Genentech, Inc. (USA) gesprochen, der im Fachbereich der Pathologie das elektronenmikroskopische Labor leitet. Dr. Reichelt entwickelt und implementiert innovative Strategien, um den Anforderungen an Forschung und Entwicklung bei Genentech gerecht zu werden.

Dr. Reichelt und seine Kollegen haben jüngst einen Artikel veröffentlicht, in dem sie für Anwendungen in der ultrastrukturellen Pathologie einen effizienten Imaging-Workflow großer Gewebeschnitte mittels Rückstreuelektronen-SEM (BSE-SEM) beschreiben.

Was war Ihr Beweggrund dafür, diesen neuen Workflow für das elektronenmikroskopische Imaging großer Gewebeschnitte zu entwickeln?

In unserem Fachbereich der Pathologie sahen wir uns mit der Notwendigkeit konfrontiert, die Analyse von gesundem oder krankem Gewebe sowohl auf histologischer als auch auf ultrastruktureller Ebene durchführen zu können. Ich konnte eine Strategie entwickeln, die sich auf die Präparation großer Gewebeschnitte (mehrere Quadratmillimeter) konzentrierte, mit Schwerpunkt auf großflächigen Bildaufnahmen. Diese großflächigen Bildaufnahmen mit geringer Vergrößerung dienen als histologische Übersichtsbilder und sind einfach mit hochaufgelösten, ultrastrukturellen Merkmalen innerhalb desselben Gewebeschnitts korrelierbar.

Maus-Nieren-Glomerulus im Zentrum, umgeben von verschiedenen Nierentubuli.
Maus-Nieren-Glomerulus im Zentrum, umgeben von verschiedenen Nierentubuli.

In Ihrer Strategie nutzen Sie die Rückstreuelektronen in der Rasterelektronenmikroskopie (BSE-SEM). Können Sie beschreiben, warum Sie sich für dieses Verfahren entschieden haben – gegenüber herkömmlichen Methoden?

Üblicherweise wird die ultrastrukturelle Analyse von Gewebe über Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) durchgeführt. Obwohl dieses Verfahren seit Jahrzehnten mit großem Erfolg angewandt wird, ist es zeitaufwendig und mit vielen Hürden verbunden:

Im Gegensatz dazu entfallen diese Hürden beim Imaging von Gewebe mit modernen Feldemissions-Rasterelektronenmikroskopen (FE-SEMs) in Kombination mit Probenverarbeitungsstrategien, die die Präparation großer intakter Gewebeschnitte (mehrere Quadratmillimeter) ermöglichen. Unser neuer Arbeitsablauf nutzt die sehr großen Scanfelder, die mit modernen FE-SEMs möglich sind, voll aus. Diese ermöglichen die Aufnahme großer Übersichtsbilder, die durch digitales Zoomen auch auf ultrastruktureller Ebene untersucht werden können.

Digitales Zoomen im Übersichtsbild des Nierengewebes bis zum Glomerulus (glo). Rechte Seite: Podozyt (pc) mit Fortsätzen (fp), Basalmembran (bm) und Kapillarraum (cs) mit Erythrozyten (ec).
Digitales Zoomen im Übersichtsbild des Nierengewebes bis zum Glomerulus (glo). Rechte Seite: Podozyt (pc) mit Fortsätzen (fp), Basalmembran (bm) und Kapillarraum (cs) mit Erythrozyten (ec).

Seit seiner Einführung in unserem Labor hat dieses skalierbare Imaging mit BSE-SEM unsere ultrastrukturelle Gewebeanalyse erheblich vereinfacht und beschleunigt.

Das Imaging für die ultrastrukturelle Analyse von Gewebe (mindestens 20 Fälle pro Jahr) wird inzwischen fast ausschließlich mit ZEISS GeminiSEM 300 durchgeführt. Seit der Einführung des Verfahrens im Jahr 2018 haben wir mit diesem Verfahren bereits zu vier veröffentlichten Peer-Review-Fachartikeln beitragen können. Zahlreiche weitere Manuskripte unserer wissenschaftlichen Mitarbeiter sind gerade in Arbeit.

Wo sehen Sie im Hinblick auf neue Verfahren und Technologien die Entwicklung in Ihrem Bereich in den nächsten fünf Jahren?

Aus der Perspektive der forschenden Pathologie in der Biotech-Branche sind die drei wichtigsten Entwicklungen im Imaging für ultrastrukturelle Analysen in den nächsten fünf Jahren:

Nummer 1:

Die Einführung effizienter, korrelierter Workflows zur Kombination des elektronenmikroskopischen Imagings mit immunfluoreszenzmikroskopischen Verfahren, mit denen Zelltypen, Organellen und Arzneimitteltargets molekular charakterisiert bzw. therapeutische Moleküle lokalisiert werden. Diese Kombination ermöglicht eine ultrastrukturelle Auflösung im Kontext.

Obwohl in der Literatur bereits mehrere Strategien zum korrelierten Imaging beschrieben wurden, bestehen weiterhin Hürden, wie z. B. die Entwicklung optimierter Gewebebearbeitungsmethoden, mit denen sowohl die Antigene und die GFP-Fluoreszenz aufrechterhalten werden, ohne den Kontrast der Ultrastruktur und der Membran zu beinträchtigen. Des Weiteren fehlen weiterhin einfache Workflows für die Aufnahme und Korrelation von licht- und elektronenmikroskopischen Bildern.

ZEISS ZEN Connect, ZEISS Shuttle & Find und ZEISS Atlas sind gute Schritte, mit denen wir diesem Ziel näher kommen.

Beispiel für korreliertes Immunfluoreszenz- und Elektronenmikroskopie-Imaging mit ZEISS Shuttle & Find. Das zusammengesetzte Bild zeigt sehr schön die Blaufärbung der Zellkerne und die grüne Fluoreszenz von Podocalyxin über den Podozytenfortsätzen, die erst im SEM vollständig aufgelöst werden können. Lichtmikroskopische Bilder wurden mit ZEISS Axio Imager 2 und elektronenmikroskopische Bilder mit ZEISS GeminiSEM 300 aufgenommen.
Beispiel für korreliertes Immunfluoreszenz- und Elektronenmikroskopie-Imaging mit ZEISS Shuttle & Find. Das zusammengesetzte Bild zeigt sehr schön die Blaufärbung der Zellkerne und die grüne Fluoreszenz von Podocalyxin über den Podozytenfortsätzen, die erst im SEM vollständig aufgelöst werden können. Lichtmikroskopische Bilder wurden mit ZEISS Axio Imager 2 und elektronenmikroskopische Bilder mit ZEISS GeminiSEM 300 aufgenommen.

Nummer 2:

Die Interpretation, Quantifizierung und Analyse von ultrastrukturellen Bildinformationen wird erheblich beschleunigt durch neuartige Tools des “maschinellen Lernens” und der “künstlichen Intelligenz”, da diese bei der automatischen Segmentierung von ultrastrukturellen Merkmalen (z. B. Organellen) unterstützen.

Nummer 3:

Forscher werden zunehmend 3D-Datensätze für umfassendere Auswertungen und Analysen benötigen. Ich glaube, dass die Array-Tomographie von Serienschnitten, die kompatibel ist mit korrelativer Mikroskopie für Immunfluoreszenz und Ultrastruktur, sowie auch das serielle Block-Face-Imaging von großen Gewebevolumen (3View) für unser elektronenmikroskopisches Labor von größter Bedeutung sein werden.

Die elektronenmikroskopische Volumen-Methode ist üblicherweise in ihren Einsatzmöglichkeiten begrenzt, weil die Segmentierung großer Bilddatensätze extrem zeitaufwändig ist. Deshalb hat diese Technologie in der Biotech-Branche, wo Innovation mit Effizienz und hohem Durchsatz gepaart werden muss, an Bedeutung verloren. Angesichts der Fortschritte der letzten Jahre bei der Entwicklung automatisierter Segmentierungsverfahren scheint diese Einschränkung jedoch rasch zu verschwinden, sodass auch die Volumenelektronenmikroskopie wiederum zunehmend an Bedeutung gewinnen wird.


Posted on August 7, 2020 @ 4:55 pm In Nutzerbericht | No Comments

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