Schülerprojekt widmet sich Wirkstoff zur Bekämpfung von rheumatoider Arthritis

Auszeichnung bei Jugend forscht und beim internationalen Jungforscherwettbewerb "BioGENEius" in Boston

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Geschwollene und schmerzende Gelenke sind typische Merkmale einer rheumatoiden Arthritis, umgangssprachlich auch als Gelenkrheuma bezeichnet. Die Entzündungen, die nach und nach die Gelenke zerstören, verlaufen chronisch. Die oftmals in Schüben verlaufende Entzündung ist bisher nicht heilbar. Die Brüder Tobias Stadelmann (19), Student, und Leon Stadelmann (17), Abiturient, forschen gemeinsam in ihrem Projekt “Entwicklung eines DNAzym-basierten PAD(I)4-Inhibitors” an einem Konzept für einen neuartigen Wirkstoff zur Bekämpfung von rheumatoider Arthritis. Derzeit testen sie dessen Aktivität in eukaryotischen Modellzellen unter dem Mikroskop.

„Wir beschäftigen uns damit, wie die Entstehung von rheumatoider Arthritis mithilfe von kurzen DNA-Strängen, sogenannten DNAzymen, verlangsamt oder gar verhindert werden könnte. Noch steckt die Forschung dahingehend in den Kinderschuhen, doch ich bin optimistisch, dass unsere Forschung einen Beitrag dazu leisten kann, künftig eine bessere Therapie der Krankheit zu ermöglichen“, so Tobias Stadelmann.

Die Möglichkeit zur Durchführung ihres Projektes fanden die Biberacher beim Verein “Forscher/innen für die Region e.V.”. Unterstützt wurden sie weiterhin vom Team des Ortenauer Schülerforschungszentrums Xenoplex, das auch den geeigneten Raum für die Forschungen bot.

Tobias Stadelmann übernimmt mittlerweile auch selbst Verantwortung: Im Schülerlabor etablierte er einen Bereich für Zellkultur-Experimente, betreut bereits selbst ein Schülerprojekt und ist für die administrative Laborleitung mitverantwortlich.

„Das Mikroskopsystem Axio Vert.A1 von ZEISS bietet uns vielfältige Möglichkeiten. Wir untersuchen Zellkulturen mit den gängigen Kontrastverfahren und generieren möglichst viele Informationen aus lebenden Zellen ohne sie zu schädigen“, freut sich Tobias Stadelmann über die Mikroskopspende. „Wir nutzen das Mikroskop auch um Schülerpraktika auszuwerten und Schüler an molekularbiologisches Arbeiten heranzuführen.“

Mehrfach ausgezeichnet

Nach dem Sieg im Regionalwettbewerb Südbaden wurde die Arbeit im März 2019 mit dem 1. Platz des Landeswettbewerbes Jugend forscht Baden-Württemberg im Fachgebiet Biologie ausgezeichnet. Ende Mai stand dann der Bundeswettbewerb an: Auch hier konnten die Brüder die Jury überzeugen und wurden mit Deutschlands wichtigstem Preis für Nachwuchswissenschaftler, dem Bundessieg beim Wettbewerb Jugend forscht (im Bereich Biologie), ausgezeichnet. Die Jury hob vor allem die verständliche Präsentation des komplexen Themas, den hohen Eigenanteil des Projekts und das Durchhaltevermögen bei zahlreichen Rückschlägen hervor. Mit bundesweit über 12.000 Anmeldungen ist Jugend forscht der europaweit größte Nachwuchswettbewerb für Naturwissenschaften und Technik.

Die Biologie-Bundessieger von Jugend forscht 2019 Tobias Stadelmann (19) und Leon Stadelmann (17) aus Baden-Württemberg vor ihrem Forschungsposter.
Die Biologie-Bundessieger von Jugend forscht 2019 Tobias Stadelmann (19) und Leon Stadelmann (17) aus Baden-Württemberg vor ihrem Forschungsposter. Sie befassten sich mit einem neuen Ansatz zur Regulierung des Proteins PAD4, das möglicherweise eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Rheuma spielt. Dafür synthetisierten sie spezielle einzelsträngige DNA-Moleküle und analysierten deren Wirksamkeit als PAD4-Hemmer.

Das Forschungsprojekt hatte bereits 2018 beim internationalen Jungforscherwettbewerb “BioGENEius” in Boston überzeugt. Die Jury, besetzt mit Professoren von Eliteuniversitäten und Industrievertretern, war beeindruckt vom innovativem Behandlungsansatz und würdigten das Projekt als eines der besten in der Kategorie „Global Healthcare“. Bei dem Wettbewerb waren neben den Stadelmann-Brüdern die 13 besten US-amerikanischen Projekte und der Gewinner eines kanadischen Bio-Wettbewerbs vertreten, die zumeist auf große Forschungsressourcen renommierter Universitäten, wie Harvard und anderer, zurückgreifen konnten.

Mehr Informationen zum Zellkulturmikroskop ZEISS Axio Vert.A1

„Don’t shoot the messenger …“ wird in der englischen Sprache gemahnt, einen Boten nicht für die schlechte Nachricht zur Verantwortung zu ziehen. Das mag zwar als ritterlichen Kodex gelten, aber nicht für die rheumatoide Arthritis. Wer daran erkrankt, leidet unter chronischen,
meist an beiden Körperhälften gleichzeitig auftretenden Gelenkentzündungen. Das ist nicht nur sehr schmerzhaft, sondern führt langfristig zur Zerstörung der Gelenke und Einschränkung der Beweglichkeit. Aber was hat das nun mit einem „messenger“, einem Boten, zu tun?
Sehr viel: Bei einer verbreiteten Form der Erkrankung wirkt die zu hohe Dosis einer bestimmten „messenger RNA“ (mRNA) wie ein Gift.

Dabei steht RNA für die englische Bezeichnung einer Ribonukleinsäure. Die „BotenRNA“ ist die letzte Vorstufe vor den Eiweißen, quasi ein Bauplan für diese. Produziert der menschliche Körper zu viel davon, kann es zu einer Immunreaktion führen. Die fatale Folge: Das Immunsystem greift daraufhin den eigenen Körper an.

Die Jungforscher konnten zeigen, dass die entwickelten DNAzyme in menschlichen Zellen
die Menge an „Boten-RNA“ regulieren konnten. „Der Nachweis im Labor war nur durch das Zusammenspiel von Informatik und Biologie möglich“, so Tobias Stadelmann. Er betont aber auch: „Unser Projekt ist Grundlagenforschung, jedoch wollen wir daran weiterarbeiten und hoffen, dass der Ansatz in Zukunft auch von anderen Forschungsgruppen aufgenommen wird.“

Tags: Lichtmikroskopie

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