Paartherapie – Dienstleister erfolgreich integrieren

In einer Studie der Capgemini (Capgemini Consulting, 2016) benennen die Befragten „Zu wenig Mitarbeiter mit entsprechendem Know-how“ als größte Hürde der Digitalisierung in ihrem Unternehmen. Nicht selten versucht man, diesem Problem durch die Integration eines oder mehrerer externer Dienstleister beizukommen. Aus gleicher Studie geht zudem hervor, dass diese Dienstleister zusehends in Bereichen oder Projekten eingesetzt werden, in denen innovative Lösungen geschaffen werden sollen. Vermutlich in diesem Zusammenhang gehen durchschnittlich bereits 23,3% der Befragten in Projekten nach agilen Frameworks, Methodiken oder Philosophien wie Scrum, Kanban, DevOps oder Scaled Agile Framework vor.

Wir setzen als Dienstleistungsunternehmen schon seit Langem auf agile Vorgehensweisen. Seit 2013 bilden wir gemischte Teams aus Auftraggeber und Dienstleister nach unserem Konzept für verteilte agile Entwicklung: Ein Team, ein Office, kurz ETEO und geben diesen Teams Werkzeuge und Good Practices für diese anfangs außergewöhnliche Arbeitssituation an die Hand. Das Konzept bedient sich der Erkenntnisse aus der Befragung unserer Teams, die bereits nach diesem Muster arbeiteten und wurde anschließend in einem crossfunktionalen Team wissenschaftlich fundiert weiterentwickelt, wobei immer neue Erkenntnisse aus unseren Teams einflossen.

Bei uns sitzt das Team gemeinsam in einem Projektraum. Die typischerweise 2-3 physischen Räume an den einzelnen Standorten sind über permanente Videokonferenz verbunden. Jeder Standort verfügt idealerweise über einen 80-Zoll-Bildschirm pro Standort, sodass der Eindruck entsteht, das andere Teilteam durch ein Fenster zu sehen.

Ein Werkzeug, mit dem wir sowohl in unseren Teams, als auch bei externen Coachings arbeiten, ist der ETEO Wertekompass, welcher die fünf Scrum Werte Offenheit, Verpflichtung, Fokus, Respekt und Mut mit weiteren Werten vereint, die speziell – aber nicht nur – in verteilten Teams kritisch zu sein scheinen: Identität, Vertrauen, Empathie, Zusammenarbeit und Einfachheit.

Während der Coachings befragen wir die Teams meist, welcher Wert für sie der wichtigste ist. Wenig überraschend wird hier häufig der Wert Vertrauen genannt. Schon Patrick Lencioni beschrieb in seinen „Five Dysfunctions of a Team“ (Lencioni, 2002) das Vertrauen als die Basis jeglicher Zusammenarbeit im Team. Und letztlich scheinen auch die einzelnen Werte in Wechselwirkung zueinander zu stehen. Beispielsweise schafft Offenheit im Team Vertrauen untereinander. Auch ist es bei Scrum – wo nicht der einzelne Beitrag, sondern die Teamleistung zählt – nur dann möglich, sich auf ein gemeinsames Sprintziel zu verpflichten, wenn man einander vertraut.

Doch wie schafft man in einem verteilten Team Vertrauen, in dem man sich nur vergleichsweise selten sieht und kleine Missverständnisse sich nicht mal eben in der Mittagspause oder bei einem gemeinsamen Heißgetränk in der Kaffeeküche aufklären lassen? Unausgesprochene Dinge können schnell zu Konfliktherden heranschwielen und lassen das Vertrauen im Team sinken oder sogar ganz verschwinden.

Paartherapie

Deshalb ist es besonders wichtig, sich zunächst durch eine ausgiebige Präsenzphase über 4-6 Wochen kennenzulernen, um einander einschätzen zu können. Denn gerade über schriftliche, asynchrone Kommunikation wie E-Mail entstehen schnell Missverständnisse. Hier hat sich die ständige Videokonferenzschaltung bewährt, denn sie hilft zu sehen, wer gerade anwesend ist und wie sich jeder augenscheinlich fühlt. Doch selbst wenn man eine Videokonferenzanlage im Einsatz hat, sollte man darauf achten, diese nicht ausschließlich für den fachlichen Austausch zu nutzen. Ist das Vertrauen einmal gering, überrascht es uns immer wieder, wie schnell kleine verbale oder nonverbale Signale dazu führen können, dass das Vertrauen gänzlich erschüttert wird. Beispielsweise hatten wir in einem Projektteam die Situation, dass sich die Teammitglieder an einem Standort aus Bequemlichkeit im Daily vor der Videokonferenz an einen hinter ihnen stehenden Tisch lehnten. Die Kollegen am anderen Standort beschrieben, dass dies wie eine bedrohliche Front auf sie wirkte. Solche Missverständnisse treten vor allem dann auf, wenn nicht in die Stärkung des Vertrauens investiert wird und sich das Team nicht in regelmäßigen Abständen (alle 6-8 Wochen) wieder trifft.

Noch günstiger ist es, jeden Sprintwechsel an einem Standort verbringen zu können. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, die Sprint Retrospektive gemeinsam in einem Raum durchzuführen – ein großer Vorteil bei einem Meeting, dass einen großen Mehrwert aus dem Vertrauen schöpft, das im Team herrscht. Denn Vertrauen bildet ein Fundament für den Respekt voreinander sowie für den Mut, Verbesserungspotential im Team mit kreativen, innovativen Lösungsansätzen zu entfachen.

Die Arbeit mit einem gemeinsamen Wertesystem ist jedoch nur eine Herausforderung bei der Integration eines externen Dienstleisters. Mehr erfahren Sie in unserem Vortrag „Liebling, ich habe einen Neuen – Dienstleister erfolgreich integrieren“ auf der solutions.hamburg. Der Track „Paartherapie 2.0“ bietet weitere spannende Eindrücke und Therapieansätze aus dem Spannungsfeld „IT meets Business“.


Verweise

  • Capgemini Consulting. (2016). IT Trends 2016. Von capgemini: https://www.de.capgemini.com/resource-file-access/resource/pdf/capgemini-it-trends-studie-2016_0.pdf abgerufen
  • Lencioni, P. (2002). 5 Dysfunctions of a Team. Jossey-Bass.

Digitalisierung: Industrie 4.0 oder nur Papierloses Büro? – solutions.hamburg 2016

Vom 07.-09.09.2016 waren wir als Saxonia Systems AG (seit 03/2020 ZEISS Digital Innovation) mit mehreren Speakern und Teilnehmern auf der solutions.hamburg unterwegs. Der Kongress zu Digitalisierung, Business und IT beschäftigte sich 3 Tage lang in 333 Sessions mit der Frage: „Wie funktioniert Digitalisierung in Unternehmen?“ und konnte damit wieder zahlreiche Interessierte auf das Gelände des Kampnagel in Hamburg locken.

Wie schon auf anderen Konferenzen, haben wir auch dieses Mal wieder einen Teil der Kongressteilnehmer interviewt, um ein paar Impressionen und Meinungen zu aktuellen Fragen rund um das Leitthema „Digitalisierung“ zu sammeln.

Dementsprechend wollten wir zuerst einmal wissen, was genau die Befragten mit dem Begriff Digitalisierung assoziieren. Zur Auswahl standen die in der nachstehenden Abbildung ausgewerteten Antworten: „neue Zusammenarbeitsformen“, „Industrie 4.0/ IoT“, „Agilität“, „Big Data“ und „Mobile Lösung“.  Darüber hinaus wurden aber auch überraschende Dinge, wie HR 4.0 oder papierloses Büro genannt.  Kurz gesagt ist die Bandbreite der Meinungen zu diesem Thema sehr groß – was wenig überrascht. Dass sie allerdings so groß sein wird,  hat uns dann doch punktuell erstaunt.

Was verbinden Sie am meisten mit Digitalisierung? - Diagramm
Abbildung 1: Was verbinden Sie am meisten mit Digitalisierung?

Im Gespräch konnte man den allgemeinen Konsens erfassen, dass Digitalisierung Veränderung bedeutet und mit dieser Veränderung einhergehend neue Herausforderungen und vielleicht auch zu lösende Probleme auf Unternehmen zukommen.

Aus diesem Grunde wollten wir ebenfalls wissen, welches die größten Hausforderungen sind, die bereits jetzt im Arbeitsalltag der Befragten eine Rolle spielen. Auch hier hatten wir diverse Antwortmöglichkeiten vorgeben, deren absolute Nennungshäufigkeiten dem folgenden Diagramm entnommen werden können.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Arbeitsalltag? - Diagramm
Abbildung 2: Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Arbeitsalltag?

Den problematischsten Aspekt stellen offensichtlich Zuständigkeitsgrenzen dar, dicht gefolgt von schlechten Softwarewerkzeugen. Mit etwas Abstand wurden Rollenkonflikte, unangemessener Führungsstil und auch agile Methoden genannt, die scheinbar bei falscher Anwendung zu größeren Hürden führen.

Darauf aufbauend baten wir die Befragten einen Blick in die Zukunft zu wagen und zu prognostizieren, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Fachbereich und IT in Zeiten der Digitalisierung wandeln wird. In einem Punkt waren sich hierbei wohl alle einig: Eine Veränderung der Zusammenarbeit ist unumgänglich. Besonders die Anpassung der Kommunikation und Organisation waren bei dieser qualitativen Frage die am häufigsten genannten Kernaussagen. Dieser Grundtenor zog sich dabei aber nicht nur durch unsere Umfrage, sondern auch durch das gesamte Programm des Kongresses. Häufig genannte Beispiele für eine Veränderung der Kommunikation sind unter anderem, dass Fachbereich und IT eine gemeinsame Sprache sprechen müssen und auch werden, oder sich zumindest ein Dolmetscher zwischen den Bereichen finden muss, und sich die Geschwindigkeit der Kommunikation (auch durch diverse Hilfsmittel) enorm ändern wird. Oft wurde auch ein organisatorischer Wandel als Veränderung aufgeführt. Ein Großteil der Interviewten war der Meinung, dass es nicht nur eine stärkere Verzahnung und Annäherung der Bereiche geben wird, sondern generell näher zusammengerückt werden muss und eine Verschmelzung zwischen IT und Fachbereich stattfinden wird. Die Teilnehmer waren sich einig, dass nur bei einer gemeinsamen Lösungssuche und einer engen Zusammenarbeit mit hoher Prozesskenntnis und beiderseitigem Verständnis füreinander, die Entwicklung innovativer Lösungen möglich sein wird.

Resultierend aus diesen Aussagen wollten wir abschließend wissen, ob es künftig noch einen dedizierten IT/Softwareentwicklungsbereich im Unternehmen geben wird. Trotz den bereits beschriebenen Antworten bei der Frage nach der Veränderung der Zusammenarbeit, sind 60% der Meinung, dass eine Trennung zwischen den Bereichen trotzdem nach wie vor in Zukunft erfolgen wird, auch wenn die Zusammenarbeit enger und interdisziplinärer sein wird. Die Begründung liegt bei den Meisten vor allem in der hohen Komplexität und Spezialisierung, die eine Softwareentwicklung voraussetzt. Eine Kompetenzbündelung von Expertenwissen ist ihrer Meinung nach trotz allem nur in einem ausgewiesenen IT/Softwareentwicklungsbereich möglich. Die 40%, welche gegen einen dedizierten Bereich stimmten, waren größtenteils einig darüber, dass zu einer Verwässerung, bzw. einem Verschwimmen der Bereichsgrenzen kommen wird.

Gibt es zukünftig noch einen dedizierten IT/Softwareentwicklungsbereich im Unternehmen? - Diagramm
Abbildung 3: Gibt es zukünftig noch einen dedizierten IT/Softwareentwicklungsbereich im Unternehmen?

Ein kurzes Stimmungsbild aus Hamburg zum Thema „Digitalisierung“!