Ein nicht unerheblicher Teil der Arbeit eines Softwarearchitekten besteht darin, verschiedene Lösungsalternativen miteinander zu vergleichen. Hierbei wird oft auf Entscheidungstabellen bzw. Bewertungsmatrizen zurückgegriffen, wobei beide Begriffe in aller Regel synonym verwendet werden. Dieser Artikel soll einen Einblick in zwei grundlegende Vorgehen bieten und jene nach ihrer Eignung bewerten.
Arten von Bewertungsmatrizen
Bewertungsverfahren, um mehrere zur Auswahl stehende Varianten miteinander zu vergleichen, reichen von einfachen, über Abstimmung entstandene Rankings bis hin zu komplizierten Bewertungsverfahren über Matrizenrechnungen. Die Herausforderung besteht darin, für den Vergleich zwei zur Auswahl stehender Optionen die am besten geeignete Methodik zur objektivierten Bewertung zu finden. Kriterien hierfür sind:
- Schneller Vergleich
- Einfaches, unkompliziertes Verfahren
- Geringe bis keine Einarbeitungszeit
- Beliebige Personenanzahl
Nach kurzem Vergleichen der Bewertungsverfahren anhand der genannten Kriterien stellt sich hier die sehr verbreitete und bekannte Nutzwertanalyse als das Mittel der Wahl heraus. Warum? Weil sich mit ihr unkompliziert und einfach Optionen anhand verschiedener Kriterien vergleichen lassen, ohne dass es eines großen mathematischen Aufwandes bedarf. Die Varianten werden bei der Nutzwertanalyse mithilfe gewichteter Kriterien mit einem Score bewertet, Gewichtung und Score miteinander multipliziert und alle Bewertungen für eine Option addiert (siehe Beispiel).
Dieses Verfahren sollte fast jedem geläufig sein und findet auch in der Praxis in vielen Bereichen Anwendung. Neben der Bewertung durch die bewertende Person ergibt sich eine potenzielle subjektive Fehlerquelle: die Gewichtung der Kriterien. Da die Score-Vergebung nicht objektiver gestaltet werden kann, muss eine Möglichkeit der objektiven Gewichtungsberechnung gefunden werden. Diese ist absolut unumgänglich, wenn eine aussagekräftige Nutzwertanalyse gefordert ist. Die objektivierte Gewichtung stellt sicher, dass keine durch z. B. Zeitdruck entstandenen, „kopflosen“ Entscheidungen getroffen werden und die Gewichtung möglichst unabhängig vom Betrachtenden ist.
Verfahren zur Gewichtungsberechnung
Wie schon bei der Nutzwertanalyse besteht hierbei der Anspruch, dass das Verfahren unkompliziert, schnell und ohne Einarbeitungszeit erfolgt. Unter diesen Prämissen kristallisieren sich insbesondere zwei Verfahren heraus, die im Folgenden kurz erläutert werden.
Abgestufte Gewichtung
Bei der abgestuften Gewichtungsberechnung werden alle Kriterien hinsichtlich ihrer Bedeutung untereinander verglichen. Dabei umfasst die Skala fünf Abstufungen von -2: „wesentlich kleinere Bedeutung“ bis hin zu 2: „wesentlich größere Bedeutung“. Für jede Paarung von Kriterien muss daher diese granulare Einschätzung erfolgen. Über eine an Matrizenrechnung angenähertes Verfahren wird dann die Gewichtung berechnet.
Prioritätengewichtung
Hierbei wird auf die granulare Bewertung verzichtet und lediglich unterschieden in „wichtiger“ oder „unwichtiger“. Somit wird jedes Kriterium mit jedem anderen verglichen und das wichtigere in der Tabelle notiert. Über den relativen Anteil der Anzahl eines Kriteriums wird dann die Gewichtung ermittelt. Diese Vorgehensweise lässt sich gut im Team integrieren, da man nach dem Ranking durch die Einzelpersonen alle Ergebnisse zusammenführen kann und somit eine repräsentative Gewichtung erhält.
Wann ist welches Verfahren geeignet?
Prinzipiell kann jedes Verfahren zur Gewichtungsberechnung in jeder Situation angewendet werden. Die folgende Tabelle gibt aber Anhaltspunkte, bei welchen Gegebenheiten welche Berechnungsart vorteilhaft sein kann.
Abgestufte Gewichtung | Prioritätengewichtung |
Geringe Anzahl an Kriterien | Hohe Anzahl an Kriterien |
Geringe Anzahl an bewertenden Personen | Hohe Anzahl an bewertenden Personen |
Ausreichend Zeit verfügbar | Wenig Zeit verfügbar |
Besonders wichtige Entscheidung |
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Verfahren der abgestuften Gewichtung häufig zu aufwändig ist, wenn man in der Praxis davon ausgeht, dass Entscheidungen teilweise nicht einmal von einem repräsentativen Bewertungsverfahren begleitet werden. Die Prioritätengewichtung hingegen ist eine unkomplizierte, schnell verständliche und auch im Team implementierbare Möglichkeit und wird daher besonders empfohlen.
Neben der Nutzwertanalyse können auch noch weitere Verfahren und Kennzahlen zum Variantenvergleich hinzugezogen werden, beispielweise Standardabweichung, Anzahl Gewinne/Verluste usw., welche die schlussendliche Entscheidung leichter machen sollen, aber nicht Bestandteil dieses Beitrags sind.